In nur 14 Prozent der 63 im Wiener Börse-Index notierten Unternehmen findet sich überhaupt ein weibliches Vorstandsmitglied.

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"Ein Fan und ein Hasser", formuliert Headhunter Michael Schaumann recht pointiert seine Stellung zur Frauenquote – und lässt gleichzeitig keinen Zweifel an der Haltung: "Mir tun die Frauen leid, weil Frauen zu mir kommen, die mich fragen: Bin ich nur da wegen der Quote?" Grundsätzlich habe er in seinen vielen Jahren in der Personalberatung im Führungskräftebereich "noch nie das Thema Mann gegen Frau" gehabt.

Plus: Beim Thema Diversität gehe es ja nicht nur um Frauen. Dem schließt sich Birgit Noggler, Aufsichtsrätin der Raiffeisen International und Aufsichtsratschefin der Noe Immobilien Development, an – allerdings ist zweifelsfrei festzuhalten: Sie ist für die Quote. Herta Stockbauer, Vorstandschefin der BKS Bank, Aufsichtsratschefin der Oberbank mit Mandaten in der Post, der SW Umwelttechnik und der Kontrollbank, wird noch deutlicher: "Ich bin sehr dafür, das habe ich immer gesagt. Applaus für die Regelung."

Kurz erinnert: Ab Anfang 2018 müssen börsennotierte Konzerne und Firmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern via weibliche Nachbesetzung auslaufender Mandate zu einer 30-prozentigen Frauenquote kommen. Das greift tief in die Führungsstrukturen ein, entsprechend sind fast alle männlichen Führungskräfte laut Kienbaum-Umfrage dagegen.

Ein ziemlicher Aufholbedarf

Wirtschaftsprüferin Elfriede Baumann (EY) hat die Ist-Situation erhoben: In nur 14 Prozent der 63 im Wiener Börse-Index notierten Unternehmen findet sich überhaupt ein weibliches Vorstandsmitglied. Von 593 Aufsichtsräten sind 103 Frauen, erfüllt wird die Quote derzeit bereits von Erste Bank, Oberbank, Post, Schlumberger, Semperit, Valneva, VIG, Wienerberger und Wolford, wobei fast jeder dritte Aufsichtsrat sich ausschließlich aus Männern zusammensetzt.

Herta Stockbauer versichert allerdings: "Die Aufsichtsräte haben sich massiv verändert. Es gibt keine Altherrenrunden mehr." Sie beruft sich auf den Bankenbereich, in dem das Bankwesengesetz ja schon länger zur "Quasiquote" geschubst hat.

Das Thema Aufsichtsquoten bleibt heftig umstritten, und es kommt gerade ein neues dazu: Die deutsche Familienministerin Katarina Barley (SPD) will gesetzliche Quoten auch für die Vorstandsebenen der Unternehmen.

Mit Abstand zwar, aber ebenfalls umstritten: die Entlohnung der Aufsichtsräte. Im Europa-Vergleich ist sie niedrig – etwa 63.000 Euro Jahresbrutto beträgt die Gage für Aufsichtsratschefs in Österreich, 28.000 bis 33.000 Euro für ein Mitglied. Das entspreche einem Drittel der Entlohnung im MDAX, sagen die hkp-Unternehmensberater.

Hauptberuf Aufsichtsrat?

Headhunter Schaumann geht auch diesbezüglich mit einer Ansage in die Diskussion im "Frauen Finanz Salon", den die Börsenzeitschrift "Der Börsianer" eingerichtet hat. Er sei Verfechter hauptberuflicher Aufsichtsräte. Daher sollten vier, fünf Mandate so viel bringen wie ein ordentlicher Vorstandsjob, also rund 100.000 Euro pro Aufsichtsmandat, so Schaumann: "Da will ich hin, da sollten wir in zehn Jahren sein." Für Stockbauer widerspricht das einem Diversitätsgedanken – Menschen, die noch voll im operativen Berufsleben stünden, gehörten unbedingt in das Gremium.

Ursula Rath, auf Kapitalmarkttransaktionen und Aufsichtsrecht spezialisierte Partnerin bei Schönherr Rechtsanwälte, bringt zum Thema der Verfügbarkeit von Frauen für solche Positionen auch ein, dass es auch im Anwaltsbereich um die Frage der nötigen Unabhängigkeit zum Unternehmen gehe – also: Zu viel Know-how aus vorangegangenen Beratungsmandaten erfüllten diese Vorgaben nicht. Und zu immer wieder beklagten Haftungsfragen: Dass sich der rechtliche Rahmen wesentlich verschärft habe, könne sie so nicht bestätigen, allerdings würden die "Konsequenzen" deutlich verstärkt eingefordert. (Karin Bauer, 11.9.2017)