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Genf/Berlin/Tripolis – Das UN-Flüchtlingswerk UNHCR verhandelt mit den libyschen Behörden über den Aufbau eines Aufnahmezentrums für Flüchtlinge in dem nordafrikanischen Land. Libysche Sicherheitskräfte würden die Einrichtung außen schützen, das UNHCR würde das Management übernehmen, sagte der Sondergesandte des UNHCR für das zentrale Mittelmeer, Vincent Cochetel, der "Welt" (Montag). .

"Wir hoffen, dass wir bis zu 1000 Flüchtlinge in einem solchen Zentrum unterbringen, medizinisch versorgen, psychosozial betreuen sowie dauerhafte Lösungen für sie finden können", erklärte Cochetel. "Es stauen sich Migranten in Libyen, die für ihre Überfahrt bezahlt haben und die noch nicht aus Libyen abgelegt haben. Es gibt das Risiko, dass nun noch mehr Menschen in Haftanstalten landen, entweder unter der Führung der Regierungsbehörden, oder solchen Lagern, die in den Händen der Schmuggler sind. Die Bedingungen sind schlimm", sagte Cochetel. Er räumt ein, dass das Aufnahmezentrum lediglich "ein Tropfen im Ozean" sei.

Weniger Überfahrten

Libyen ist seit Jahren in Chaos versunken und hat keine funktionsfähige Regierung. Menschenrechtsorganisationen prangern immer wieder schreckliche Zustände in den Lagern und schwerste Misshandlungen von Menschen an. Zuletzt hatte die italienische Regierung Vereinbarungen unter anderem mit der libyschen Küstenwache gemacht, damit die Flüchtlinge nicht mehr nach Italien kommen. Die Zahl der Überfahrten war zuletzt drastisch gefallen.

Cochetel zufolge reißt der Strom der Migranten nach Libyen jedoch nicht ab. "Es kommen weniger aus Niger nach Libyen. Aber wir haben Informationen, dass nun mehr Menschen von Niger aus über Algerien und andere Länder nach Libyen einreisen. Wir können nicht feststellen, dass insgesamt weniger Menschen nach Libyen einreisen", sagte er. Er forderte die EU-Länder auf, sich wegen der Situation in Libyen verstärkt auf Umsiedelung von Flüchtlingen aus den Transitländern Sudan, Tschad, Niger und Algerien zu konzentrieren.

Tajani für Grenzschutz in Ungarn

EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani spricht sich indes für mehr Hilfe der Europäischen Union beim Grenzschutz in Ungarn aus. Nur so sei es möglich, die Flüchtlingsströme nach Europa einzudämmen. Der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montag) sagte Tajani: "Ich bin dafür, in die Grenzen Ungarns zu investieren und diese Grenzen zu stärken, weil es hier um eine Außengrenze der Europäischen Union geht."

Im Gegenzug müsse Ungarn aber auch bereit sein, Flüchtlinge im Rahmen der beschlossenen Umverteilung innerhalb der EU aufzunehmen – was Ungarn wiederholt abgelehnt hat. Das Ziel müsse lauten, die illegale Einwanderung zu verringern, sagte Tajani weiter. "Wir müssen die Einwanderung auf der Balkanroute genauso wie die Einwanderung über das Mittelmeer stoppen", sagte er. Seiner Meinung nach ist das nur mit mehr Grenzpolizisten zu schaffen. Die Migrationswelle sei eines der wichtigsten Probleme der EU.

Ungarns Abschottungspolitik ist stark in der Kritik, zuletzt hatte der Ministerpräsident des Landes, Viktor Orban, von der EU-Kommission gefordert, die Hälfte der Kosten in Höhe von 440 Millionen Euro für Bau und Betrieb des Grenzzauns zu übernehmen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker lehnte dies ab. (APA, red, 11.9.2017)