Wenn E-Autos nicht nur Strom aus dem Netz ziehen, sondern ihn im Bedarfsfall auch wieder einspeisen, kann das Kraftwerke ersetzen.

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Wien – Das Laden von Elektroautos zu Hause ist im derzeitigen Stromnetz eigentlich nicht vorgesehen. Eine schlagartige Vermehrung von Elektroautos – und alle Fahrzeughalter stecken um 18 Uhr, wenn sie heimkommen, die Autos ans Netz – würde die Stromnetze zum Glühen bringen. Auch wenn der zusätzliche Strombedarf durch Elektroautos erstaunlich gering erscheint, die Bedarfsspitzen könnten gewaltig werden. Aber an der Lösung dieses Aspekts unserer Stromversorgung wird längst gearbeitet. Kürzlich fand etwa ein großer internationaler Kongress zur "Netzintegration der Elektromobilität" statt.

Daheim und öffentlich laden

Das heißt also, es geht nicht nur um eine flächendeckende Versorgung des Landes mit öffentlichen Ladestationen, sondern auch um eine Weiterentwicklung des gesamten Stromnetzes, um auch den Heimbedarf zu befriedigen – und natürlich um einen zukunftsfähigen Wandel der Stromerzeugung an sich.

Das bedeutet, das Elektroauto ist mehr als nur ein signifikanter Schritt in der Entwicklung der menschlichen Mobilität, es kann auch eine Schlüsselrolle in der künftigen Energieversorgung einnehmen. Die Batterien von Elektroautos stellen nämlich bei entsprechender Verbreitung einen gewaltigen Stromspeicher dar. Damit kann ein heikler Punkt bei der Verwendung von Elektrizität entschärft werden, nämlich die Tatsache, dass sich Strom schwierig speichern lässt.

Wallbox und Steckdose

Doch der Reihe nach: Das Stromnetz in Österreich ist solide dimensioniert. Den Verbrauchern steht praktisch flächendeckend dreiphasiger Wechselstrom mit 400 Volt zur Verfügung (Starkstrom), der für den Hausgebrauch an der Steckdose einphasig mit 230 Volt bereitgestellt wird. Deshalb kann man ein Elektroauto wie jedes andere normale Elektrogerät an jeder gewöhnlichen Steckdose laden, solange die Installation dahinter nicht komplett veraltet ist.

Deutlich schneller geht es, wenn die Leistungsfähigkeit des Netzanschlusses durch eine sogenannte Wallbox besser genützt wird: Mehr Leistung bei 230 Volt und noch mehr bei Nutzung der vollen 400 Volt. Der Knackpunkt ist aber: Sehr viele Haushalte, die gleichzeitig direkt nebeneinander ihren Stromanschluss voll belasten, verträgt das Stromnetz nicht.

Dieses scheinbare Handicap kann man aber kreativ nutzen. Vor allem, wenn viele Autos auf engem Raum parken und in überschaubarer Zeit vollgeladen werden sollen, erscheint ein Lademanagementsystem notwendig. Man geht nämlich davon aus, dass nicht alle Autos am Abend gleichzeitig voll Strom ziehen müssen, sondern dass die meisten Nutzer ihr Auto erst wieder am nächsten Morgen mit voller Batterie übernehmen wollen. Die Ladevorgänge in den einzelnen Fahrzeugen könnten also auch auf die Belastbarkeit des Stromnetzes hin optimiert werden.

Laden und liefern

Und dann ist es zum nächsten Schritt auch nicht mehr weit, nämlich: das Auto nicht nur zu laden, sondern ihm auch Strom zu entnehmen, wenn er anderswo dringend gebraucht wird.

Das ist – zumindest in der Theorie – eine gute Möglichkeit für die Kundschaft, selbst im Geschäft mit dem Strom mitzumischen: Ein Auto zu laden, wenn der Strom billig ist, und ihn der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen, wenn Nachfrage und damit der Preis hoch sind. Natürlich möchte man am nächsten Tag auch noch Auto fahren können. Und das geht auch. Denn der Netzbetreiber entnimmt vielleicht zehn Prozent. Wenn er das bei vielen macht, kann er trotzdem seinen Lieferengpass abfangen. Die Kundschaft selbst kann die Höhe ihrer Stromrechnung etwas abfedern, indem sie für den abgegebenen Strom deutlich mehr bekommt als für den geladenen.

Ladezyklen

Was natürlich nicht übersehen werden darf: Durch die zeitweilige Entnahme des Stroms aus der Batterie erhöht sich die Anzahl der Ladezyklen, damit verringert sich auch die Lebensdauer der Batterie. Wichtig ist es deshalb, dass noch in vielen Untersuchungen klargestellt wird, dass der Vorteil bei der Stromrechnung nicht mit einer erheblichen Minderung des Fahrzeugwerts durch frühzeitig gealterte Batterie einhergeht. Aber auch das scheint technisch lösbar.

Was aber nicht unterschätzt werden darf: Diese enge geschäftliche Verschränkung zwischen den Elektrizitätsversorgern und der Kundschaft setzt natürlich eine strenge behördliche Regulierung voraus, damit der Nutzen solch wunderbarer technischer Möglichkeiten nicht nur beim Anbieter, sondern auch beim Kunden ankommt. (Rudolf Skarics, 28.9.2017)