Foto: ORF/Hans Leitner

Wien – Die Urlaube der Familien Kern und Leitner haben am Dienstag erwartungsgemäß den Publikumsrat des ORF beschäftigt. Vor allem bürgerliche und rechte Vertreter fanden die Tatsache, dass Moderator Tarek Leitner einst ein Feriendomizil mit dem jetzigen Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) geteilt hatte, inakzeptabel. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz wies den Vorwurf der Befangenheit zurück.

"Krasse Fehlentscheidung"

Susanne Fürst, Vertreterin der FPÖ und auch freiheitliche Kandidatin für die Nationalratswahl, sah in der Besetzung Leitners als Moderator der "Sommergespräche" eine "krasse Fehlentscheidung". Er sei befangen gewesen und habe die Interviews auch nicht gut geführt, so ihr Befund. Fürst reicht auch nicht, dass Leitner nun bei den TV-Duellen jene mit Kern nicht moderieren wird.

"Berufsverbot"

Das interpretierte allerdings Willi Mernyi (ÖGB) gleich als Vorstoß in Richtung "Berufsverbot". "Wie weit gehen wir bei solchen Geschichten?" Bettina Heise (Arbeiterkammer) sah die – von Fürst ins Treffen geführte – "juristische Befangenheit" nicht relevant für die Ausübung des Journalistenberufs.

"Mangelnde Sensibilität"

Andreas Kratschmar (ÖVP) wiederum findet gemeinsame Urlaube und Interviews "einfach nicht vereinbar": "Das kommt beim Durchschnittspublikum ganz schlecht an, bei aller journalistischen Professionalität und persönlicher Integrität des Tarek Leitner." Der ORF habe in der Debatte "mangelnde Sensibilität und Abgehobenheit" an den Tag gelegt, kritisierte er ein "Durchwurschteln".

"Befangenheit ist ganz andres"

"Befangenheit ist etwas ganz anderes", hielt Wrabetz als Replik in Richtung Fürst fest – nicht ohne einen Seitenhieb: "Auch wenn Sie jetzt Kandidatin einer wahlwerbenden Partei sind, würde ich nicht unterstellen, dass Sie das in dieser Funktion gesagt haben, sondern als Publikumsrätin." Er habe stets gesagt: Leitner war "nicht mit dem Bundeskanzler auf Urlaub, als dieser Bundeskanzler war", sondern zu einer Zeit, "als Kern Manager war" – "daraus ist keine Lebensfreundschaft entstanden".

Wrabetz stellte grundsätzlich zur Debatte, ob mit weiteren Angriffen auf ORF-Journalisten zu rechnen sei. "Ich bin schon sehr neugierig, wie jetzt weiterhin gegen andere Journalisten von uns vorgegangen wird – weil sie irgendwo irgendwem begegnet sind. Welche Dossiers es über unsere Mitarbeiter gibt." Er gehe aber davon aus, dass "diese teilweise Kampagnisierung gegen Mitarbeiter des Hauses nicht von den Führungen der Parteien mitgetragen sind", sondern "bedauerlicherweise" von "einzelnen Kandidaten" betrieben werde.

Pilz und "Krone"

In seinem Bericht vor dem Publikumsrat ging der ORF-General auch auf die Angriffe von Peter Pilz auf den ORF ein. Der Ex-Grüne attackiert den Küniglberg, weil er nicht an den TV-Duellen teilnehmen darf. "Peter Pilz nutzt das sehr geschickt und kriegt mehrere Titelseiten in der 'Kronen Zeitung', die er sonst nicht kriegen würde mit seinen normalen Inhalten", meinte Wrabetz. Die "objektiven Einladungskriterien" des ORF seien von der Judikatur gutgeheißen, hielt er fest.

Pilz richtete er aus, dass der ORF ihm mit "4.200 TV-Auftritten in den letzten 30 Jahren" maßgeblich bei "seiner Profilierung" geholfen habe. Und allein seit Pilz öffentlich über eine Kandidatur nachdachte, sei er "in 98 'ZiB'-Beiträgen, 38-mal in TV-Magazinen und in 29 Journal-Beiträgen" vorgekommen und werde auch künftig angemessene Bildschirmpräsenz haben. (APA, 12.9.2017)