Shanghai – Was im Großen tadellos funktioniert, lässt sich auch – allerdings mit einer anderen Methode – im kleinerem Maßstab realisieren: Chinesische Wissenschafter haben einen Nano-Stromgenerator aus Kohlenstoffnanoröhren vorgestellt, mit dem sie sogar die Energie des Blutstroms in Blutgefäßen in Elektrizität umwandeln können.

Seit Jahrtausenden nutzen Menschen die Energie des fließenden oder fallenden Wassers, zunächst um rein mechanisch Maschinen wie etwa Wassermühlen anzutreiben, später zur Stromgewinnung in Staudämmen oder aus der Kraft der Gezeiten. Natürlich fließendes Wasser als nachhaltige Stromquelle zu verwenden, hat den Vorteil, dass man nicht durch den Tagesrhythmus und nur selten vom Wetter eingeschränkt ist. Dabei sind sogar flexible Miniaturgeneratoren vorstellbar, die die Energie von fließenden biologische Flüssigkeiten in Elektrizität umwandeln.

Einfacher Aufbau

Wie ein solches System funktionieren könnte, führte ein Forschungsteam von der Fudan University in Shanghai (China) vor. Dort haben Huisheng Peng und Mitarbeiter eine dünne Faser von weniger als einem Mikrometer Durchmesser entwickelt, die umgeben von einer fließenden Salzlösung Strom erzeugt – in einer dünnen Röhre oder etwa einem Blutgefäß.

Der Aufbau dieser Faser ist relativ einfach. Ein Polymerfaserkern wurde mit Lagen von ausgerichteten Kohlenstoffnanoröhren umwickelt. Diese winzigen Röhrchen aus aufgerollten Kohlenstofflagen sind für ihre guten elektronischen Eigenschaften und ihre mechanische Stabilität bekannt; sie sind spinnbar und lassen sich schichtweise anordnen. Die fertigen Fäden bestanden somit aus einem faserförmigen Kern, der mit Nanoröhrenschichten in einer Stärke von weniger als einem halben Mikrometer umwickelt war.

Um mit diesem Faden, den die Autoren "fiber-shaped fluidic nanogenerator" (FFNG) nannten, Strom zu gewinnen, wurde er in einen Wasserstrom gelegt oder einfach wiederholt in eine Salzlösung getaucht und wieder herausgezogen. "Die Elektrizität wurde durch die relative Bewegung zwischen dem FFNG und der Lösung erzeugt", erklärten die Wissenschafter. Nach der Theorie verschieben sich die Ladungen, die vorher symmetrisch um die elektrische Doppelschicht herum verteilt waren, und entlang des Fadens baut sich ein Ladungsgradient auf.

Hoher Wirkungsgrad

Das System war höchst effizient, wie die Forscher im Fachjournal "Angewandte Chemie" berichten. Verglichen mit anderen Typen von Miniatur-Energieumwandlern besaß es nach Angaben der Wissenschafter bei einem Wirkungsgrad von über 20 Prozent die höchste Effizienz.

Mit den weiteren Vorteilen von Elastizität, Wandelbarkeit, Leichtbauweise und eindimensionaler Form liegen höchst interessante technische Anwendungen nahe. Wickelt man die Nanokohlenstofflagen etwa um ein elastisches Substrat, wird der FFNG dehnbar. Dadurch bietet sich die Anwendung als "Wearable Electronics" in Geweben an. Ebenfalls interessant ist die Energiegewinnung direkt aus dem Blutstrom für medizinische Anwendungen. Erste Versuche mit Froschnerven verliefen erfolgreich. (red, 13.9.2017)