ORF-Onlinereichweite für private Medien nutzen: ÖVP-Mediensprecher Gernot Blümel über eine gemeinsame Werbevermarktungsplattform von ORF und anderen Medienhäusern im Web.

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Wien – ÖVP-Mediensprecher Gernot Blümel sagt, er weiß nichts von weiteren ÖVP-Angriffen auf ORF-Mitarbeiter, mit denen ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz rechnet. Wrabetz sprach im ORF-Publikumsrat am Dienstag von "Dossiers" über ORF-Mitarbeiter. Anlass: Bürgerliche und freiheitliche Publikumsräte kritisierten neuerlich "Befangenheit" Tarek Leitners als Moderator der "Sommergespräche" nach einem Familienurlaub 2015 mit den Kerns auf Ibiza.

Der Eindruck einer Kampagne "ist falsch", erklärte Blümel Mittwoch bei einem Podiumsgespräch des "Forum Mozartplatz" der Journalistin und Moderatorin Eva Weissenberger. Blümel über mögliche weitere Ziele von ÖVP-Aussagen im ORF: "Von mir kommt's sicherlich nicht. Und ich wüsste nicht, wer sonst etwas verbreiten würde."

Zu Leitner habe er "lediglich die Frage gestellt, ob es gescheit ist, wenn jemand, der eine Urlaubsfreundschaft hat, diese Diskussion im ORF führt". Die Behauptung der "Freundschaft" bleibt unhinterfragt.

Werbe-Plattform: Ein wenig Einigkeit mit Cap

Eigentlich war ein Podiumsgespräch Blümels mit Medienminister Thomas Drozda (SPÖ) geplant. Drozda hatte Mittwochfrüh kurzfristig doch keine Zeit für ein Podiumsgespräch mit ÖVP-Mediensprecher Gernot Blümel. Als Ersatz aufgewärmt hatte schon SPÖ-Mediensprecher Josef Cap, aber den wollte das "Forum Mozartplatz" nicht. Vielleicht, weil Cap und Blümel jedenfalls in einem Punkt relativ einig wären.

Blümel plädierte Mittwochfrüh konkreter für eine gemeinsame Online-Werbevermarktung von ORF und privaten Medienseiten als Gegenpol zu den Online-Werbegiganten Google und Facebook, an die gemeinsam ein Fünftel aller Werbeausgaben weltweit geht.

Eine solche Vermarktungsplattform hat SPÖ-Mediensprecher Cap auch schon im STANDARD-Fragebogen zur Medienpolitik vorgeschlagen. Blümels Antworten auf den Fragebogen finden Sie hier.

ORF-Werbung "klarer regeln"

Weniger Einigkeit mit Cap verspricht Blümel mit konkreteren Vorstellungen zur ORF-Werbung und der Werbeplattform: Blümel findet "nicht fair", dass der ORF insgesamt bei rund 600 Millionen Euro aus Rundfunkgebühren "auch Werbegelder vom Markt lukriert". Blümel: "Da ist eine klarere Regelung zu treffen."

Die Online-Werbeplattform stellt sich Blümel etwa so vor: "Eine Möglichkeit wäre, dass man die Reichweite des Öffentlich-Rechtlichen nutzt, um für die Privaten einen Vorteil in diesem Bereich zu erzielen." Der VP-Mediensprecher kann sich in der Onlinewerbung auch vorstellen, "dass man einen Anteil, den der ORF dort erwirtschaftet, zu den Privaten überführt". Kartellrechtlich hält Blümel eine solche Vermarktungsplattform für möglich – der relevante Markt wäre da aus seiner Sicht nicht Österreich, sondern der deutschsprachige Raum.

Gegen Haushaltsabgabe

Eine ORF-Abgabe für alle Haushalte lehnt er ab, "Adaptierungen" der GIS-Gebühr seien möglich. Würde Blümel an der Gesamthöhe der Medienförderungen im weiteren Sinne – eine Milliarde Euro für ORF-Gebühren, aber auch Privatrundfunkförderungen, Presseförderung, öffentliche Inserate – etwas ändern? Hier will sich der VP-Mediensprecher nicht festlegen, auch nicht, ob eine nächste Bundesregierung weniger für Werbung ausgeben würde. Nur in Wien sieht Blümel, zugleich Wiener ÖVP*-Chef, "Exzesse" der Werbeausgaben, über die er mit Hinweis auf Werbung ausgelagerter Unternehmen zudem Transparenz vermisst.

Werbeabgabe jein

Im wirtschaftskammernahen "Forum Mozartplatz" der Werbe- und Kreativbranche interessiert die Zukunft der Werbeabgabe, die bisher nicht für Onlinewerbung gilt. "Es muss zu einer Gleichbehandlung kommen", sagt Blümel, der den genauen Weg dorthin nicht nennt. Es klingt nach Werbeabgabe für alle Medien, womöglich mit geringeren Sätzen durch zusätzliche Online-Einnahmen. (red, 13.9.2017)