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Kommissar Dimitris Avramopoulos stellt ein Einlenken in Aussicht.

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Junckers ursprüngliche Pläne stießen im Wahlkampf-Österreich auf wenig Gegenliebe.

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Wien/Brüssel – Nach der Forderung Österreichs, Deutschlands und anderer Länder nach längeren Grenzkontrollen im Schengen-Raum wegen der Terrorgefahr hat die EU-Kommission angekündigt, in Kürze eine Vorschlag vorzulegen. Es sei klar, dass die Grenzkontrollen wegen der Flüchtlingskrise im November beendet werden müssten, sagte EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos am Donnerstag.

Jüngste Terroranschläge zeigten aber, dass die bisherigen Regeln "nicht ausreichend sein könnten, um mit den sich entwickelnden Sicherheitsherausforderungen umzugehen". Avramopoulos kündigte an, die Kommission werde "sehr bald" ein Paket "zur Stärkung des Schengen-Raums" vorlegen, in dem normalerweise an den Grenzen keine Kontrollen von Reisenden und des Güterverkehrs stattfinden. Das Paket werde auch "einen Vorschlag enthalten, den Schengener Grenzkodex zu aktualisieren".

Österreich, Deutschland, Frankreich, Dänemark und Norwegen hatten zuvor in einem Diskussionspapier für das Treffen der EU-Innenminister am Donnerstag "eine gezielte Ergänzung" des Schengener Grenzkodex gefordert. Die Einführung von Grenzkontrollen wegen der Terrorbedrohung soll dadurch einfacher gemacht werden und zudem die mögliche Maximaldauer von zwei auf vier Jahre erhöht werden.

Sobotka: Schengen-Kodex anpassen

EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos hatte bei einem Treffen mit Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) am Donnerstag zunächst die Ablehnung einer weiteren Verlängerung der Kontrollen über den 11. November hinaus bekräftigt. Da läuft die vorübergehende Aufhebung der Schengen-Regeln ab. "Die Hauptgründe, die eine Verlängerung der Kontrollen rechtfertigen würden, sind nicht mehr da", sagte Avramopoulos. Sobotka beharrt hingegen ebenso wie Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) auf eine Verlängerung und verwies auf die jüngsten Terrorangriffe in Spanien und Finnland. Österreich kann dabei auf die Unterstützung seitens Deutschlands, Frankreichs, Dänemarks und Norwegens zählen. Man müsse stattdessen den Schengen-Kodex anpassen, sodass auch längerfristige Kontrollen möglich werden, so Sobotka.

Frankreich hat bereits Grenzkontrollen wegen der Terrorbedrohung eingeführt, die vier anderen Staaten begründen diese bisher mit der Flüchtlingskrise. Die EU-Kommission will die Kontrollen schon länger auslaufen lassen. Sie hatte sie im Frühjahr ein letztes Mal bis zum 11. November genehmigt.

Kritik an Idee der Ausweitung der Eurozone

Auf heftigen Widerstand stößt in Wien auch der Vorschlag von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in seiner Rede am Mittwoch, die Schengen-Zone nach Rumänien und Bulgarien auszuweiten. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) sind sich einig in der Ablehnung des Vorschlags von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, die Eurozone auf alle Mitgliedsstaaten auszudehnen. Beide verwiesen im Ö1-"Morgenjournal" am Donnerstag auf das Negativbeispiel Griechenland. "Ich halte dieses Konzept für undurchdacht", sagte Kern.

Der SPÖ-Chef verwies auf die Maastricht-Kriterien und forderte mehr Europa in wirtschaftlichen Fragen, im Kampf gegen Steuerbetrug, Lohn- und Sozialdumping. "Bevor alles das nicht erledigt ist, macht eine Erweiterung der Eurozone einfach keinen Sinn, denn das vergrößert die Problemlagen", sagte Kern. "Man hat gesehen, was passiert, wenn man Länder dazunimmt, die diese Kriterien nur sehr bedingt erfüllen. Griechenland ist das Paradebeispiel dafür. Das ist am Ende nur eine Vergrößerung der Probleme und nicht ein Mehr an europäischer Kooperation."

Kurz verweist auf Kriterien

Kurz verwies ebenfalls auf Griechenland. "Der Euro und die Schengen-Zone, die waren und sind für jeden offen, allerdings nur für jeden, der auch die Kriterien erfüllt. Solange die Kriterien nicht erfüllt sind, kann das nicht stattfinden. Was wir vermeiden müssen, ist, dass es so eine Situation wie in Griechenland wieder gibt." Daher müssten alle die Regeln erfüllen, aber danach auch einhalten.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zeigte sich ebenfalls kritisch. Er erinnerte daran, dass manche EU-Staaten der Eurozone gar nicht beitreten wollen. "Offensichtlich will man diejenigen, die das nicht wollen, dazu zwingen", kritisierte er und bezeichnete Juncker als einen "Zentralisten", der "aus dem Brexit nichts gelernt" habe. Falsch sei auch eine Ausweitung der Schengen-Zone auf Staaten wie Bulgarien, Rumänien und Kroatien angesichts des nicht funktionierenden EU-Außengrenzschutzes.

Grüne und Neos skeptisch

Auch die grüne Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek und Neos-Chef Matthias Strolz zeigten sich skeptisch und verwiesen darauf, dass das Schengen-System derzeit nicht funktioniere. "Ich halte es für wichtiger, dass wir Schengen neu aufsetzen, als dass wir Schengen verbreitern", sagte Strolz. Lunacek bezeichnete es als Problem, dass die Reisefreiheit derzeit innerhalb der Schengen-Staaten abgebaut sei. Offen zeigten sich beide für eine Erweiterung der Eurozone. Lunacek machte aber eine gemeinsame Wirtschaftspolitik und Harmonisierung der Steuerpolitik zu Zusatzbedingungen. Strolz sagte, dass die Beitrittskriterien "keinesfalls verwässert werden" dürften.

Juncker hatte am Mittwoch in seiner Rede zur Lage der EU Integrationsschritte insbesondere im Wirtschaftsbereich gefordert. Zugleich brachte er eine Unterstützung der EU für ärmere Nicht-Euro-Staaten ins Spiel, damit diese rascher der Eurozone beitreten können. Das stieß umgehend auf Kritik der reicheren Eurostaaten. Juncker forderte auch eine Ausdehnung des Schengen-Raums auf alle EU-Staaten. (red, APA, AFP, 14.9.2017)