Wir haben Zuwachs. Nicht nur an Jahren und Sorgen, sondern auch an Freuden. Uns geht's jetzt wirklich gut. Familiär betrachtet. Irgendwann ist es nämlich so, dass against all odds einen plötzlich eine Schnauze anlacht und man weiß, man muss handeln. Dann gibt es Familienerweiterung.

Wir haben jetzt alle zusammen zwei Schwänze. Und einer von uns ist glattrasiert. Und kommt kernig aus Tirol. Vom Bauernhof. Der Hund sitzt jetzt ziemlich angefressen angeleint und bemaulkorbt indoor, und die erste gemeinsame Nacht verbrachte ich im Bad auf einer Schaumstoffmatratze, semischlafend. Ziemlich solo, denn das soeben gerettete Katzentier verschmähte die warme Retterinnenbrust und verkroch sich unter dem Waschbeckenkastl.

Im Zug (fünf Stunden hin, fünf Stunden sofort retour) wurden zwar erste Freundschaftsbande geknüpft – nach einer halben Dose Futter und einem beherzten Biss in den Finger.

Danach allerdings trübte sich diese Freundschaft gleich wieder etwas ein, als wir direkt vom Zug und gegen spätabends zur Tierärztin fuhren, die gnadenhalber wartete – und einen schweren Laus- und Flohbefall im schönen langen Pelz verortete.

Während ich Jacke und Schal sicherheitshalber auf den Boden warf, wurde der Neuzugang wegen Nissen im Haar rasiert. Das war durchaus glatt und nicht verkehrt, denn während dieses bemerkenswerten Prozesses stoben die Flöhe und Läuse vom kleinen Körper davon wie im Zeichentrickfilm Glitzersternchen von der zaubernden Fee. Katzenkopf und Schweif blieben unverändert.

Auf dem Behandlungstisch saß nun ein ziemlich angefressener Gensplice zwischen Löwe und Eichhörnchen. Die Frage "Ist das ein Maine Coon?", die regelmäßig über die Zugfahrt verteilt aufgekommen war, würde ich nun nicht mehr so schnell zu hören bekommen. Gar kein Problem. Wir sind viel exklusiver. Eine Tiroler Beinahe-nackt-Katze hat schließlich nicht jeder. (Julya Rabinowich, 16.9.2017)