Wien – In der Wiener Engerthstraße 141 im zweiten Bezirk steht ein gelbes Haus. Es sieht aus wie ein in der Gründerzeit Ende des 19. Jahrhunderts erbautes Wohnhaus. "Holzwaren Hödl" steht über den Fenstern im Erdgeschoß.

Das Innenleben erzählt eine andere Geschichte. Anders als im typischen Wiener Altbau, wo man oft sogar tagsüber das Licht einschalten muss, um sich im Treppenhaus zurechtzufinden, erhellen hier deckenhohe Fenster mit pastellgrüner Holztäfelung die schmalen, langen Gänge. Gegenüber reihen sich Türen aneinander. Sie scheinen in kleine – inzwischen wohl zu Wohnungen zusammengelegte – Zimmer zu führen. Denn das eigentlich um 1900 errichtete Gebäude war ein Hotel. Es hieß Donauhof, wie auf einer alten Fotografie zu sehen ist. Markisen in den Fenstern zierten die damalige Fassade.

Das ehemalige Hotel Donauhof im zweiten Wiener Bezirk.
Scan/Privat

Cornelius Klimt, Ururgroßneffe des berühmten Malers Gustav, bekam das Foto vom ehemaligen Eigentümer und Betreiber von Holzwaren Hödl. 2016 hatte sich dieser entschlossen, die rund 1000 Quadratmeter im Parterre zu verkaufen – dem Hilfsverein der Baptisten, für den Klimt arbeitet. "Unser größter Konkurrent war ein Supermarktbetreiber, der mehr geboten hat, aber dem Eigentümer war es wichtig, dies der Öffentlichkeit zugänglich zu machen", erzählt Klimt.

Man sei bemüht, möglichst viel zu restaurieren", sagt Cornelius Klimt über den Umbau.
Regine Hendrich

Magdas-Hotel als Vorbild

Entstehen soll nun ein sozialer Eventraum und Coworking-Space – angelehnt an das von der Caritas betriebene Hotel Magdas, ebenfalls in der Leopoldstadt. So soll zum Beispiel das künftige Café – wo früher Steckenpferde und Besenstiele verkauft wurden – von Flüchtlingen betrieben werden.

Daneben soll es Platz für Start-ups geben, aber auch für Nachbarschaftstreffen. Das spendenfinanzierte Projekt soll sich dann durch Einnahmen aus Vermietungen und dem Café finanzieren. Im ehemaligen Holzlager entsteht ein Veranstaltungssaal.

Der alte Ballsaal wurde viele Jahre als Holzwarenlager genutzt.
Regine Hendrich

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der imposante 400-Quadratmeter-Raum als Ballsaal genutzt. Tageslicht tritt durch eine kreisrunde Konstruktion mit Dachluken ein, die mit einem komplizierten Mechanismus von unten geöffnet werden können.

Entdeckungen von Details wie diesem würden immer wieder dazu führen, dass sich der Umbau verzögert. Denn man sei bemüht, möglichst viel zu restaurieren – wie den knarzenden Parkettboden, der sich unter einer dicken Schicht Asphalt versteckt hatte.

Der alte Parkettboden versteckte sich unter einer dicken Schicht Asphalt.
Regine Hendrich

"Unglaublich, dass all die Jahre niemand wusste, was sich hier verbirgt" , sagt Klimt und schwärmt von der "schönen Bauweise". Er bedauert, dass nur wenig dokumentiert ist. Die Entdeckungen – etwa Metallspinde und Duschköpfe hinter einem Berg von Sperrmüll – sind kleine Hinweise auf das, was sich hier einmal abgespielt haben könnte.

Hinter Sperrmüll wurden allerhand Entdeckungen gemacht.
Regine Hendrich

Die Hotelzimmer sind heute normale Wohnungen. Eine alte Mieterin habe ihm erzählt, sagt Klimt, dass sich früher die Kantine der Siemensfabrik, die gegenüber stand, im Haus befunden habe. Das muss vor 1975 gewesen sein: Denn damals begann man mit der Errichtung des heute dort befindlichen Gemeindebaus.

Alter Bauplan zeigt Besitzer

Ein alter Bauplan aus dem Jahr 1907, der Klimt in die Hände fiel, verrät, wem das Hotel Donauhof damals gehörte: Moriz Edler von Kuffner, Wilhelm Kuffner und Karl von Kuffner.

Ein alter Plan des Hotels.
Scan/Privat

Moriz war nicht nur als Inhaber der Ottakringer Brauerei bekannt, sondern finanzierte und betrieb auch die Kuffner-Sternwarte im 16. Bezirk. Sie musste 1915 wegen der schwierigen finanziellen Situation der Unternehmerfamilie geschlossen werden und wurde später von den Nationalsozialisten enteignet. 1938 verkaufte Kuffner auch die Brauerei und emigrierte mit seiner Familie, wegen ihres jüdischen Glaubens bedroht, in die Schweiz. (Christa Minkin, 18.9.2017)