Wien – Der 2015 in Libyen von der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) entführte Linzer Dalibor S. ist "aller Wahrscheinlichkeit nach" tot. Es gebe Hinweise, "wonach das Schlimmste zu befürchten" sei, wie der Sprecher des Außenministeriums, Thomas Schnöll, am Dienstagnachmittag mitteilte. Derzeit tage der Krisenstab des Ministeriums, entsprechende Berichte aus lokalen Medien würden geprüft.

Diese würden darauf hindeuten, dass der Österreicher, der im März 2015 gemeinsam mit acht anderen Angestellten einer Ölfirma entführt worden war, bereits einige Monate nach seiner Geiselnahme ermordet wurde. Doch auch wenn sich die Berichte bewahrheiten, "es wird äußerst schwierig sein, den Leichnam auch wirklich zu bekommen", so Schnöll. Das Gebiet um das Ölfeld Al-Ghani, in dem der frühere Soldat Dalibor S. entführt wurde, gilt weiterhin als schwer umkämpft.

Laptop aufgetaucht

Die neun Mitarbeiter der maltesisch-österreichischen Ölfirma VAOS (Value-Added Oilfield Services), darunter ein Tscheche, ein Ghanaer, zwei Bangladeschis und vier Filipinos, wurden am 6. März 2015 von dem Ölfeld in der Nähe der Wüstenstadt Zellah im Zentrum Libyens, 700 Kilometer südlich der Hauptstadt Tripolis, entführt. Zuvor töteten die Jihadisten bereits acht libysche Sicherheitskräfte.

Wie die "Krone" (Online) am Dienstagnachmittag berichtete, wurden nun Daten aus einem bis dato "verschollenem Laptop" ausgewertet – sie würden nahelegen, dass die Entführten bereits kurz nach der Entführung ermordet wurden. Informationen über die aufgetauchten Computerdaten wollte Außenamtssprecher Schnöll nicht bestätigen.

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) suchte bereits in den vergangenen Tagen Kontakt zur Familie des Österreichers.

Leichen gefunden

Wie die libysche Nachrichtenportal "Libya Observer" berichtete, veröffentlichte der "Shura-Rat der Mujaheddin" in der libyschen Stadt eine Mitteilung auf Arabisch, in der der Fund von fünf Leichen im Juni 2015 bestätigt wurde. Die Leichen seien dann – unidentifiziert – dem libyschen Roten Halbmond übergeben worden.

Nachdem der Shura-Rat jedoch einen persönlichen Laptop einer der Leichen – des Tschechen Pavel H. – gefunden und die dort gespeicherten Fotos untersucht hatte, sei man davon ausgegangen, dass es sich bei den Leichnamen um die vermissten ausländischen Öl-Arbeiter handelte. Einer davon sei aus Österreich, einer aus Ghana und zwei aus Bangladesch. Auf einem vom IS-Kämpfern sichergestellten Laptop seien außerdem Videos von der Hinrichtung von vier Filipinos gesichtet worden, schrieb "Libya Observer".

Der Derna Shura-Rat verurteile den "brutalen Mord" an neun Ausländern und versicherte, an der Überstellung der Leichnamen an die jeweiligen Länder zu arbeiten, hieß es in dem Bericht.

Örtliche islamistische Milizen kämpften 2015 in der Region gegen den IS, vertrieben die Terrormiliz jedoch erst im April 2016 völlig aus der ostlibyschen Stadt Derna und seinen Vororten. Die Hafenstadt war neben der zentrallibyschen Küstenstadt Sirte eine der wichtigsten Hochburgen der Terrormiliz in Libyen. Sie wurde 2014 von Jihadisten eingenommen, die sich später zum IS bekannten, der in großen Teilen Syriens und des Irak ein Kalifat ausgerufen hat.

Der Shura-Rat der Mujaheddin in Derna ist eine Koalition von lokalen islamistischen Milizen, die die Implementierung des Islamischen Rechts (Scharia) in der ostlibyschen Stadt Derna sicherstellen sollen. Sie kämpfen gegen den abtrünnigen General Khalifa Haftar sowie den IS-Ableger in Libyen. (APA, 19.9.2017)