Graz/Feldbach – Spätfrost im April hat in der österreichischen Landwirtschaft zu teils hohen Schäden geführt. Doch nicht überall haben die Luftströmungen die Temperaturverteilung so negativ beeinflusst, dass die Blüten beschädigt wurden. Wissenschafter in Graz können mittlerweile oberflächennahe Luftströmungsfelder in hochaufgelöstem Maßstab modellieren und so regionalen klimatologischen Effekten nachspüren.

Möglichst exakte Windfelddaten auf kleinräumiger Skala sind für Wetter- und Klimaforscher und in weiterer Folge u.a. für die Landwirtschaft von hohem Nutzen: "Die Kenntnis der Luftströmungen gemeinsam mit der Temperatur kann beispielsweise der Landwirtschaft helfen, die Flächennutzung bestmöglich angepasst an die geländeklimatologischen Bedingungen zu gestalten", hob Gottfried Kirchengast, Leiter des Wegener Center für Klima und Globalen Wandel an der Universität Graz am Dienstag hervor.

300 Quadratkilometer unter der Klimalupe

Nirgendwo sonst in Österreich und darüber hinaus wird die regionale Klimaentwicklung so genau unter die Lupe genommen wie auf 300 Quadratkilometern (20 x 15 Kilometer) in der südoststeirischen Region Feldbach: Während übliche Wetter- und Klimasimulationsmodelle mit einer Auflösung von 20 bis 50 Kilometern arbeiten, wird im sogenannten "WegenerNet" mit durchschnittlich einer Station pro zwei Quadratkilometer die Wetter- und Klimaentwicklung mit international unerreichter räumlicher und zeitlicher Dichte gemessen.

Das aus rund 150 Messstationen bestehende engmaschige Netz des an der Uni Graz angesiedelten Wegener Center für Klima und Globalen Wandel erhebt seit zehn Jahren flächendeckend im Fünfminutentakt Daten wie u.a. Temperatur, Niederschlag, Wind oder Bodenfeuchtigkeit. Sie werden in das Grazer Zentrum übertragen, um kleinregionale Wetter- und Klimaentwicklungen im Langzeitprojekt ganz genau unter die Lupe zu nehmen.

Luftströmungsfelder hochaufgelöst berechnen

Mehrere Forschungsgruppen der Uni Graz nutzen die WegenerNet-Region als "Forschungslabor". Zuletzt hat eine Gruppe eine Anwendung entwickelt, die es ermöglicht, die Luftströmungsfelder der Region hochaufgelöst zu berechnen. Die Entwicklung wurde jüngst im Fachjournal "Weather and Forecasting" der American Meteorological Society publiziert.

"Unsere neue Anwendung zieht die Daten der Windstationen als Ankerpunkte heran. Berechnet werden die Luftströmungen dazwischen, indem sie geografische Gegebenheiten, wie Berge und Täler, Art der Landbedeckung, Tageszeit, Sonneneinstrahlung, Temperatur und Luftdruck mit einbezieht", erklärte Erstautor Christoph Schlager. Durch unabhängige Messungen vor Ort haben die Forscher überprüft und bestätigt, dass die berechneten Strömungsfelder mit den tatsächlichen Windverhältnissen übereinstimmen.

Die neue entwickelte Applikation könne nunmehr automatisch alle 30 Minuten die Windfelder im Raum Feldbach in einem Raster von jeweils 100 mal 100 Metern berechnen. Sie sind nun ergänzend im Datenportal des WegenerNet abrufbar. Zusätzlich könne die kleinräumige Windfeld-Berechnung zur Evaluierung der neuesten Generation von hochauflösenden Klimamodellen herangezogen werden, indem entsprechende Simulationen mit den Ergebnissen der Applikation verglichen werden, wie Co-Autor Kirchengast hervorhob. (APA, 19.9.2017)