Hansjörg Hofer, Anwalt für Gleichbehandlungsfragen vertritt Menschen mit Behinderung.

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Wien – Obwohl noch nicht einmal gewählt wurde, haben sich Behindertenvertreter am Mittwoch bereits mit einem umfangreichen Forderungskatalog an die neue Bundesregierung gewandt. Und Hansjörg Hofer, Anwalt für Gleichbehandlungsfragen, zeigte sich optimistisch, dass diese nicht ignoriert würden, schließlich gebe es rund 1,3 Millionen Behinderte in Österreich.

Viele der Anregungen, die bei der Pressekonferenz in Wien vorgetragen wurden, sind nicht neu. Schließlich stützt sich ein großer Teil auf die UN-Behindertenkonvention, die von Österreich ratifiziert und damit umgesetzt werden muss. Dafür wurde ein Nationaler Aktionsplan Behinderung (NAP) für den Zeitraum 2012-2020 erstellt, bei dem es allerdings an der konkreten Umsetzung hapern würde. Hofer wünscht sich daher eine Neuerstellung für die nächsten zehn Jahre, wobei der NAP aber mit konkreten Zahlen, Indikatoren für die Umsetzung sowie Geld ausgestattet werden müsse.

Sonderschulen bestehen noch immer

"Behinderung in Österreich heißt, weniger Bildung, weniger Beschäftigung und mehr Einsamkeit", zeichnete der Anwalt ein düsteres Bild der jetzigen Situation. Noch immer würden mehr als 10.000 Kinder und Jugendliche im Pflichtschulbereich Klassen besuchen, in denen ausschließlich solche mit sonderpädagogischem Förderbedarf unterrichtet werden.

"Auch ich bin ein gebranntes Kind und war selbst Sonderschüler", sagte Herbert Pichler, Präsident des Behindertenrats, der mit 23 Jahren erstmals einen Zirkel in die Hand genommen hat. Bis 2021 dürfe es nur mehr inklusive Schulklassen geben.

Öfter arbeitslos

Behinderte wären zudem öfter nicht beschäftigt: 73.500 Personen mit gesundheitlichen Vermittlungseinschränkungen werden vom AMS gelistet, das ist ein Viertel aller Arbeitssuchenden. Und während sich die generelle Beschäftigungssituation zuletzt gebessert hätte, habe sie sich für Behinderte noch weiter verschlechtert.

Ein Grund dafür, so Hofer, sei die Ausgleichstaxe, die von Arbeitgebern oft als "Bestrafung" gesehen würde. Er würde sich stattdessen ein Prämiensystem wünschen, etwa eine befristete Senkung der Lohnnebenkosten. Zudem sollte das AMS eine eigene Zielgruppe für Menschen mit Behinderung einrichten.

Ausbau der persönliche Assistenz

Die Behindertenvertreter wünschen sich weiters unter anderem einen Ausbau der persönlichen Assistenz für ein selbstbestimmtes Leben, beim Wohnen Erleichterungen, um nach dem Auszug die notwendigen Umbauten zur Barrierefreiheit nicht wieder beseitigen zu müssen. Zudem müsse das Pflegegeld valorisiert werden und es leichter werden, Diskriminierungen durch Nicht-Barrierefreiheit auch gerichtlich einzuklagen. Derzeit sei dies mit einem hohen finanziellen Risiko verbunden.

"Immer wieder, wenn wir unsere klugen Ideen präsentieren, heißt es, dass dies etwas kostet und gespart werden muss", beklagte Pichler. Seiner Ansicht nach müsse jedoch "gescheit investiert und nicht alles zu Tode gespart" werden. Wären mehr Behinderte in Beschäftigung würde sich dies für den Staat auf lange Sicht auszahlen. (APA, 20.9.2017)