Wien – Astronomen um Franz Kerschbaum von der Universität Wien haben U Antliae schon seit geraumer Zeit im Visier. Der etwa 900 Lichtjahre von uns entfernte Stern nähert sich seinem dramatischen Ende. Mithilfe des Radioteleskops Alma der Europäischen Südsternwarte (Eso) konnten die Forscher nun detailreich beobachten, wie U Antliae Materie ausspuckt. Das Objekt im südlichen Sternbild Antlia (Luftpumpe) wirft stoßweise Materie aus – und bildet dabei eine bemerkenswert dünne, kugelförmige Schale, eine Art Rauchring.

Noch nie zuvor wurden die Feinstrukturen in der Schale um U Antliae so detailreich abgebildet.
Foto: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)/F. Kerschbaum

Wenn Sterne ihrem Ende entgegengehen, ändern sich abhängig von ihrer Größe die Vorgänge im Inneren. Das hat auch massive Auswirkungen auf ihre Umgebung. So wird sich unsere Sonne in einigen Milliarden Jahren zu einem Roten Riesen aufblähen und die inneren Planeten inklusive der Erde verschlucken.

Scharfer Blick aus Chile

Um mehr über das turbulente Ende von Sternen herauszufinden untersuchen Astronomen Himmelskörper, die bereits in diese Lebensphase eingetreten sind. Ein solcher ist U Antliae: Die Forscher um Franz Kerschbaum haben bereits 2009 das damals neue Herschel-Weltraumteleskop dafür genutzt. Beobachten konnte man damals jenen Wellenlängenbereich, der einen Blick auf den Ausstoß von Gasen wie Kohlenmonoxid ermöglicht, allerdings nur mit einer Auflösung, die in etwa der des menschlichen Auges entspricht, sagte Kerschbaum.

Das Teleskop-Ensemble "Atacama Large Millimeter Array" (Alma) der Eso in Chile erlaubt jedoch seit einiger Zeit einen deutlich schärferen Blick auf den Stern. Kerschbaum: "Jetzt sehen wir tatsächlich das Material, wie es dort wegfliegt. Das zeigt uns Details, die wir bisher gar nicht vermuten konnten: Kleine Bögen, die fast wie Girlanden aussehen, feine Strukturen und auch die Geschwindigkeiten dieser Gasfetzen. Wir sehen wirklich, was da passiert."

Video: Tomografie einer kosmischen Blase.
European Southern Observatory (ESO)

Stotternder Spucker

Dabei zeigte sich, dass der Masseverlust von U Antliae keineswegs gleichmäßig erfolgt, sondern eher in der Art eines stotternden Motors. "Wir sehen jetzt zum ersten Mal, dass dieser Stern alle paar tausend Jahren so eine Art Rauchring heraus bläst. Wir können durch diese genauen Messungen auch erkennen, wie viel Masse dort über die Jahrtausende wegfliegt", so Kerschbaum. Die Menge ist nicht unerheblich: In wenigen Jahren wirft U Antliae Material aus, das der Masse der Erde entspricht.

Darstellung der Materiebewegungen um U Antliae: Farblich unterlegt sind die Bewegung der Materie in der Schale entlang der Sichtlinie zur Erde. Blau gefärbtes Material liegt zwischen uns und dem Zentralstern und bewegt sich auf uns zu, rotes Material am Rand bewegt sich vom Stern weg, aber nicht in Richtung Erde.
Foto: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO), F. Kerschbaum

So konnte nun eine große Auswurfphase relativ genau datiert werden. Vor rund 2.700 Jahren spuckte der Stern für ein paar hundert Jahre deutlich mehr Kohlenmonoxid aus, wie die Forscher im Fachblatt "Astronomy & Astrophysics" berichten. Die Überbleibsel dieser Eruption bilden nun den auf Aufnahmen deutlich sichtbaren Ring. Theoretische Annahmen, dass der Materieausstoß derart unregelmäßig vor sich gehen könnte, gab es laut Kerschbaum schon seit Jahrzehnten: "Man hat aber nur bei ganz wenigen Objekten Anzeichen dafür gefunden. Unsere Aufnahmen sind dazu jetzt das Beste, was wir bis jetzt haben."

Einblick in den kosmischen Kreislauf

Der Grund für das Schauspiel liegt darin, dass der Stern im Inneren rascher pulsiert. So dehnt sich seine Atmosphäre aus, was zu einem Abkühlen der äußeren Teile führt. "Dadurch kann dort Staub kondensieren. Der 'spürt' im Gegensatz zum Gas den Strahlungsdruck von innen, beginnt zu beschleunigen und reißt dabei das Gas mit", sagte Kerschbaum.

Die neuen Beobachtungen sind aber nicht nur im Hinblick auf die Zukunft unseres Sonnensystems interessant, sie geben auch Aufschluss über den äußerst langfristigen Kreislauf des Lebens der Himmelskörper. Denn am Ende des Lebenszyklus eines Sterns bilden sich in deren Inneren vermehrt schwerere Elemente, wie etwa Kohlenstoff, Sauerstoff oder Stickstoff.

Diese werden in der nächsten Sternengeneration eingebaut und sind dann auch in der kommenden Planetengeneration enthalten, die heranwächst. Kerschbaum: "Versteht man das, kann man natürlich besser abschätzen, wie schnell sich das Universum insgesamt chemisch dorthin verändert, dass es lebensfreundlicherer wird. Der Tod eines Sternes befruchtet ja quasi die Umgebung." (APA, red, 23.9.2017)