Choreograf Simon Mayer zeigt ab 19. Oktober sein neues Stück "Oh Magic" im Theater Brut in der Museumsquartier-Halle G.

Foto: C. Lessire

Wien – Eigentlich hat das Brut-Theater seine Saison schon eröffnet. Denn Barbara Ungepflegt wohnt derzeit in der Haltestelle Wallensteinplatz des 5B-Busses, mit dem man vom Praterstern nach Heiligenstadt fahren kann. "Airpnp – Air pause and peep" heißt die pausenlose Performance der unerschrockenen Wiener Künstlerin, die noch bis kommenden Donnerstag läuft.

Aushäusig wie Ungepflegt ist auch das Brut selbst in dieser Spielsaison, denn die Bühne im Seitenflügel des Künstlerhauses wird bis Herbst 2018 generalsaniert. Also ruft Intendantin Kira Kirsch zur ganzjährigen Tour durch verschiedene andere Wiener Spielstätten, darunter in die Halle G im Museumsquartier, an den Gellertplatz in ein Leerstandsgebäude oder ins Theater Nestroyhof Hamakom.

Vielfalt gegenwärtiger performativer Kunstformen

Die Künstler dieser nomadologischen Spielzeit repräsentieren einen Gutteil der enormen Vielfalt gegenwärtiger performativer Kunstformen. Der aus Oberösterreich stammende Choreograf Simon Mayer bringt seine neue Arbeit "Oh Magic", die bereits am kommenden Samstag beim Steirischen Herbst vorgestellt wird, ab 19. Oktober ins Brut in der MQ-Halle G. Mit diesem "Ritual zur Feier der Lebensenergie" tanzt die Saison erst so richtig los.

Im Anschluss an diese robotische Körperzustandsanalyse – auch bei "Monsterfrau" Lena Wicke-Aengenheysters "Tek Mater" am 17. November in der Grellen Forelle wird’s posthuman à la Ray Kurzweil – quartiert das auf immersive Performance spezialisierte Wiener Ensemble Nesterval einen "Dirty Faust" in sein temporäres Hotel ein. Das Publikum findet sich ab 25. Oktober bis Mitte Dezember in einer Agatha-Christie-Situation wieder: zwei Leichen – und wer hat's getan?

Laia Fabre und Thomas Kasebacher haben da zeitweise ein Alibi. Denn sie veranstalten kurz nach Allerheiligen zusammen mit Deborah Hazler eine "Houseparty" als Performance darüber, wie man sich auf Festln öffentlich privat aufführt. Fabre wird übrigens zusammen mit der aus Island stammenden Wienerin Andrea Gunnlaugsdóttir im Jänner 2018 die neu hergerichtete Brut-Nebenspielstätte in der Zieglergasse wiedereröffnen.

Talkshow-Special

Davor noch wird es besinnlich, wenn der Choreograf Michikazu Matsune ("For Now", 17. bis 19. November) und das Künstlerduo hoelb/hoeb ("IG-Verlust – Internationale Gesellschaft für Verlust", 18. Jänner) den Lasten von Tod und Abschied nahetreten. Im Gegensatz dazu rührt am 11. November Pia Hierzegger vom Grazer TiB mit Gästen im Talkshow-Special den höchst lebendigen "g’mischten Satz" der Wiener Bevölkerung auf, in der sage und schreibe 181 verschiedene Staatsangehörigkeiten vertreten sind. Diese Vielfalt erinnert beinahe an Robert Musils "Weltösterreich".

Von "Weltösterreich" war auch Mexiko betroffen, bis 1867 der habsburgische Kaiser Maximilian I. dort tragisch endete. Gin Müller hat's aber nicht mit K. K., sondern mit seinem "Fantomas Monster", dessen Teil zwei das Brut ab 29. November im Hamakom über die Bühne gehen lässt. Zusammen mit unter anderen Jan Machacek, Tiosha Bojórquez und Edwarda Gurrola lässt Müller "Fantomas gegen die Angst und das Vergessen" kämpfen.

Das Gesamtbudget des Brut beläuft sich auch in der kommenden Spielzeit wegen der anhaltenden Finanzierungsverweigerung des Bundes nur auf magere 1,8 Millionen Euro, davon kommen 1,6 Millionen von der Stadt Wien. Die Auslastung der Saison 2016/17 war mit 88 Prozent gut, das Theater zählte rund 12.000 Besucher. (Helmut Ploebst, 21.9.2017)