Wien – Für den Forst wurde gut gesorgt. Er präsentiert sich mit einem Wuchs so gerade und dicht, dass er zu eines jeden Waidmanns Freude gereicht. Lichter als die dicken Stämme (Ausstattung: Gudrun Kampl) steht allerdings die Handlung von Ernst Moldens drittem als Autor und Komponist verantworteten Singspiel Mayerling.

Manuel Rubey (li.) will Gerald Votava beim Schuss helfen.
Foto: Rabenhof/Pertramer

Darin herum irrt der Wilderer Horst Tiefgruber ("Der Horst ist im Forst"). Arbeit weg, Haus weg, Frau weg ist der Unglückliche (Gerald Votava) auf der Suche nach Erlösung durch den weißen Hubertushirsch. Und zugleich auf der Flucht vor der Polizei. Denn mit der Büchse, die ihm neben dem fleckigen Unterhemd einzig noch geblieben ist, schießt er in Jagdrevieren, die nicht seine sind.

Vor der herben Majorin (Michou Friesz) mit dem Dominanzkomplex trifft er im Gehölz allerdings auf eine Schwester vom Orden der Unbeschuhten Karmelitinnen. Nicht nur die Haxen, ebenso das Herz von Eva Maria Marold ist ohne Unterschlupf, seit ihr Mann beim Neustifter Kirchtag umgekommen ist. Auch sie sucht Erlösung durch den nur alle 150 Jahre auftauchenden Hirsch.

Wer weiß, ob und wie die beiden verlorenen Herzen zusammengekommen wären, wäre neben der Polizei nicht auch der Geist des toten Kronprinzen Rudolf hinter dem Tiefgruber her. Mit Backenbart schleicht er herum und klagt über Kindheitstraumata und Hofburgkälte.

TheaterRabenhof

Hinter einer Schattenwand erzeugen Ernst Molden und seine sechsköpfige Band während alldem eine Stunde lang für den Moment eingängige Nummern. Im_Gegensatz zur Nonne nimmt man Marold die Sängerin wohl und gerne ab. Auch Votava kann kräftig aufdrehen, Friesz druckvoll mithalten. Doch es sind Reime, so hölzern wie der umstehende Wald es zu sein vorgibt, die den in Konsistenz und Konsequenz eher fahrigen_Text singbar zusammenbinden müssen.

Im Kreisverkehr überholt

Man ging bei der Materialsuche offenbar am Zahnfleisch. Aus der psychologischen Westentasche gekramte Stehsätze sollen die Figuren tragen. Darein mischen sich halblustige Verschwörungstheorien zum royalen Doppelselbstmord, ein_Lied über Kreisverkehre in Niederösterreich, emanzipatorisch und anderweitig eigentlich Überholtes. Eine Frau wie diese Majorin findet in den Augen des toten Kronprinzen etwa doch gewiss noch einen Mann. Christoph Krutzler ist als rundlicher Förster mit der Kunde "Der Mond, der Mond, der Mond, der Mond, der Mond geht auf" zwar selbst ein Highlight, aber sonst leider doof.

Die dünne Story, von Rabenhof-Chef Thomas Gratzer heiter inszeniert, erntete stürmischsten Premierenapplaus. (Michael Wurmitzer, 21.9.2017)