Dmitry Aksenov will die Kunstmesse Vienna Contemporary 2018 aus den roten Zahlen bringen und expandieren.

Foto: Hendrich

Wien – Glaubt man Dmitry Aksenov, dem Moskauer Immobilienunternehmer und Eigentümer der Kunstmesse Viennacontemporary, so ordnet er seine Geschäftspartner gern anhand ihres Kunstgeschmacks ein.

"Komme ich zum ersten Mal in ein Büro, dann schau ich mir an, was dort an der Wand hängt. Sind das nichtssagende Poster oder Bilder, sagt mir das, dass die Leute noch nicht in unserer Zeit angelangt sind." Geschäftspartner, die sich mit zeitgenössischer Kunst umgeben, lägen ihm mehr, so der 50-Jährige zum STANDARD.

Ihr Kunstgeschmack deute auf eine "offene, neugierige und nicht auf Materielles fixierte Persönlichkeit" hin. Gegner von Zeitgenössischem hätten "sehr strenge Zugänge zu Themen", seien rigid und eingeengt und "sind wirtschaftlich betrachtet eigentlich schon auf dem Friedhof", beschreibt der studierte Physiker und Techniker seine Zuschreibungen.

Sammler und Millionär

2012 ist der gebürtige Ukrainer, der in Moskau Physik und Technik studierte, in die Betriebsgesellschaft der Wiener Kunstmesse Viennafair eingestiegen. Seit dem Abschied des russischen Investors Sergey Skaterschikov hält der Bauunternehmer 100 Prozent der Betriebsgesellschaft der nunmehrigen Vienna Contemporary, der Wiener VC Artevents GmbH. Bis Sonntag noch stellen 110 Galerien auf der Messe in Wien-St. Marx aus; gezeigt wird dort vor allem zeitgenössische Kunst aus Zentral- und Osteuropa.

Und wie kam Aksenov zur modernen Kunst? Als er "bereits Geld und Freizeit hatte", so erzählt er, habe er begonnen, sich mit Kultur und Kunst zu beschäftigen.

2012, bei der Art Basel, habe er sein erstes größeres Kunstwerk erstanden: ein Foto des Moskauer Künstlers Tim Parchikov. "Ein guter Deal", sagt Aksenov, der vor allem Werke von zeitgenössischen russischen Künstlern sammelt. Als dann die Viennafair zu kaufen gewesen sei, habe er sich beteiligt.

Platzhirsch in Moskau

Auch in seinem Brotberuf, dem Bauen, habe er schließlich mit Kunst zu tun, in Form von Architektur und Design. Aksenovs Unternehmen, die 2005 gegründete RDI Group mit Sitz in Moskau, ist dort so etwas wie der Platzhirsch für Stadterweiterung auf der grünen Wiese.

Die Gruppe baut "kleine Städte", wie es Aksenov nennt, also Wohnviertel mit vielgeschoßigen Wohnbauten samt aller dazugehörigen Infrastruktur, also beispielsweise Schulen, Sozialzentren, Feuerwehrstationen.

Heuer hat die Gruppe rund 2000 solcher Wohneinheiten errichtet, was laut Aufsichtsratschef Aksenov rund 100.000 Quadratmetern entspricht. Der Umsatz sei bei umgerechnet rund 150 Millionen Euro gelegen – wobei es vor drei Jahren noch ungefähr dreimal so viel gewesen sei. Die große Differenz sei auf den Verfall des Rubelkurses zurückzuführen.

Abseits des Bauens und Ausstattens kümmert sich die RDI Group inzwischen aber auch ums Kulturelle in den neuen Wohnvierteln im Großraum Moskau. Die Gesellschaft stellt nicht nur Räumlichkeiten für diverse Veranstaltungen zur Verfügung, sondern organisiert sie auch, weswegen sie sich als "Event- und Content-Produzent" betrachtet.

Ob man da der Bevölkerung nicht den eigenen Geschmack und den eigenen Kulturbegriff oktroyiere? Sammler Aksenov findet das nicht, könnten doch die Bewohner auch ihre eigenen Ideen für Projekte einbringen und umsetzen. Über Crowdfunding stelle man Geld für die gewünschten Vorhaben auf – die RDI Group verdopple das auf diesem Weg aufgestellte Geld.

Expansion in Wien

Mit seinem Wiener Messe-Investment (bisher: zehn Millionen Euro, heuer kommt noch eine Million dazu) ist der Mann, der sich laut Selbstbeschreibung "ein teures Haus, teure Autos und einige Millionen Euro im Jahr für Philanthropisches leisten kann", zufrieden.

Jedenfalls was den Inhalt der Viennacontemporary betrifft – beim Finanziellen sieht er es anders. Zwar werde die VC Artevents 2018 die Verlustzone verlassen, von Stadt Wien und Staat erwartet sich der Veranstalter aber "mehr als emotionelle Unterstützung". Die öffentliche Hand sponsert die Messe so gut wie nicht.

Geld verdienen will der Moskauer Unternehmer künftig aber auch an der Schnittstelle von Kultur und Technologie. Er plant die Gründung einer Gesellschaft in Wien, die mit Start-ups Kulturinstitutionen beraten soll – im Gespräch sind, zum Beispiel, Lösungen für neue Ticketsysteme in diversen österreichischen Staatsmuseen. (Renate Graber, 22.9.2017)