Nicht das Muster der Befehle, sondern jenes von Kooperation und Netzwerken.

Foto: elmar gubisch

Dieser Tage feiern die pädagogischen Hochschulen in Österreich ihr zehnjähriges Jubiläum. Seit der Einführung der neuen Ausbildung für Pädagogen prallen die jungen Identitäten der pädagogischen Hochschulen auf die langjährigen Traditionen der Universitäten. Die beiden Organisationen kooperieren in der Ausbildung jener Lehrer, die in Zukunft die Schüler von zehn bis neunzehn Jahren unterrichten. Der Rahmen ist somit definiert: Jenseits von curricularer Diskussionen ist in den Hochschulen professionelle Führung für künftige Kooperationen und strategische Weiterentwicklung angesagt – mehr denn je.

Draußen vor den Türen der Hochschulen ändert sich die Welt in dramatischem Tempo. International werden die Reaktionen der Hochschulen auf die Veränderungen unter dem Stichwort der "dritten Mission" diskutiert: von Forschung und Lehre zu Innovation – von Verwaltung und Führung zu Leadership. Dem neuen Führungsverständnis der jungen pädagogischen Hochschulen wohnt somit etwas Magisches inne: Sie hat die Anforderung, möglichst stabile Verhältnisse innerhalb der Organisation Hochschule sicherzustellen und für umfangreiche, kluge und agile Innovationen zu sorgen.

Zentrum und Peripherie

Neben den "Kerngeschäften" in der Lehre, der Berufspraxis und der Forschung kommt es zu neuen strategischen Arbeitsfeldern: Die Öffnung der Hochschulen zu ihren Anspruchsgruppen sowie die Bereitschaft, auf gesellschaftliche Schlüsselfragen Antworten zu liefern, verlangt eine Hinwendung zur dezentralen Führung. Überspitzt formuliert: Entscheidungen von Führungskräften für anstehende Innovationen werden in Zukunft mehr denn je vom Informationsgehalt der Peripherie abhängig. In Anlehnung an die Ideen des Managementberaters Gerhard Wohland wird das operative Wissen in der Peripherie (durch Lehrende) erzeugt, um dann im Zentrum von den Führungskräften strategisch entschieden zu werden. Die Peripherie wird somit operativ intelligenter als das Zentrum. Wird dies nicht erkannt, droht die Führung in Zukunft zu kollabieren.

Wer wie führen soll

Jahrzehnte hat sich die Managementliteratur in der Diskussion um die Sinnhaftigkeit der Hierarchie erschöpft. Dem Prinzip von Linienorganisationen folgend war klar, dass Wissen in den Zentren der Organisationen durch die Führungskräfte generiert wird. Geprägt durch schulische Traditionen waren auch pädagogische Hochschulen jener Gefahr ausgesetzt. Im Schatten dieser Managementideologie wurde häufig das Loblied der Mitbeteiligung gesunden. Letztlich organisierte sich Führung aber recht hierarchisch und operativ steuernd: Leitende Führungskräfte wurden jene, die pädagogisches Wissen mitbringen und aus dem beruflichen Umfeld von Schulen oder Hochschulen kommen. Reicht das für die Zukunft? Genügt es, Führung von der Lehre her zu denken? Und wie viel Erfahrungswissen oder einschlägiges theoretisches Wissen sind zur Führung einer Hochschule notwendig?

Der Umbruch vollzieht sich schleppend aber konsequent. Die Hegemonie der Hierarchie bröckelt. Führung über Innovationen wird nur dann Hand und Fuß haben, wenn sich die Managementpraxis nicht dem Muster der Befehle, sondern dem Muster der Kooperation, nicht der Logik von Silostrukturen, sondern der Logik von Netzwerken bedient. (Josef Oberneder, 25.9.2017)