Saam Faradji: Das Aschenputtel-Prinzip. My Morawa 2017, 171 Seiten, 17,90 Euro.

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Sich selbst umarmen, kann schwierig sein: Nicht nur physisch, sondern vor allem psychisch steht einem die Strenge gegen sich selbst im Wege.

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Gedanken sind frei, heißt es. Das stimmt aber nicht, denn wie man fühlt und denkt, ist – erstens – das Ergebnis einer lebenslangen Entwicklung, entzieht sich – zweitens – einer bewussten Steuerung und ist – drittens – hochindividuell. Problematisch ist das, wenn die subjektive Wahrnehmung mehrheitlich vom Eindruck des Unglücks oder Leids bestimmt ist.

Saam Faradji, Psychotherapeut in Wien, ortet in solchen Lebenssituationen oft einen Mangel an Selbstliebe bzw. einen wenig freundlichen Umgang mit sich selbst. In seinem Buch Das Aschenputtel-Prinzip zeigt er, wie es gelingen kann, für sich selbst Wohl zu wollen. Die Märchenfigur, so Faradji, ist Sinnbild für die verletzlichen Anteile, sie sind die Treiber für subjektiv empfundenes Leid. Die These: Wer leidet, agiert gegen eigene Grundbedürfnisse und das unbewusst. Deshalb werden die Ursachen des Leids auch immer außerhalb der eigenen Person gesucht. Das diffizile Wechselspiel zwischen Psyche und Umwelt bzw. Mitmenschen und sich selbst zu begreifen und verändern zu können, sollte das Ziel dieser Lektüre sein.

Wie sich das Ich formiert

Dafür wird weit ausgeholt. Faradji erklärt, wie sich das Selbstbild entwickelt, welche Erlebnisse förderlich, welche kontraproduktiv für das Selbstwertgefühl sind. Er nutzt Fallbeispiele aus seiner Praxiserfahrung, um Einblicke in die menschliche Psyche zu geben.

Wer sich darauf einlässt, lässt Bruchstücke der eigenen Biografie Revue passieren. Das beeinflusst die Gedankendynamik. Zusätzlich erhellend: Die vielen Metaphern und Vergleiche, manchmal wirken auch die einfachen Strichzeichnungen im Buch Wunder. Daraus ergeben sich Lektionen gegen die Selbstkritik und fürs Selbstwertgefühl.

Und es gibt Trainingseinheiten am Schluss. Wohl wollen für sich selbst lässt sich nämlich ganz einfach auch trainieren. Insofern ist es das potenzielle Happy End, für alle die aus der Negativschleife ausbrechen wollen. Lebenslang, wie im Märchen. (Karin Pollack, 25.9.2017)

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