Nun hat sich auch Niki Lauda für Sebastian Kurz ausgesprochen (genialer Titel in Heute: "Lauda fliegt jetzt Kurz-Strecke"). Warum? "Weil er nach den Wahlen eine Änderung bringen wird."

Änderung. Systembruch. "Neuer Weg". Sebastian Kurz hat, wie an dieser Stelle schon einmal ausgeführt, den Wunsch eines beträchtlichen Teils der Bevölkerung nach einer Veränderung begriffen. Das macht einen Großteil seines bisherigen Erfolges aus.

Hiezu vertiefen wir uns in ein Konzept namens "Punkte für ein neues Österreich (in Arbeit)", das zu den "Geheimpapieren" gehört, die der Falter publiziert hat und mit denen die Kurz-ÖVP die Republik verändern will. Es ist eine Sammlung von Überschriften. Aber daraus kann man ja einiges über die Absichten entnehmen.

Beim Thema "Wirtschaft und Arbeit" heißt es schlicht: "Pensionssystem harmonisieren" und "Pensionssysteme und Leistungen angleichen" (Anm: die des öffentlichen Dienstes, wo die Gemeinde Wien viel spendabler ist als der auch nicht knausrige Bund – aber: nach oben oder nach unten angleichen?). Unter "Steuern und Verwaltung" liest man: "Massiver Bürokratieabbau in allen Bereichen", "Zusammenlegung der Sozialversicherungsanstalten", "Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft in Kammern".

Beim Thema "Steuerreform" ist das Ziel die "Senkung der Abgabenquote (Steuern und Sozialversicherungsbeiträge) auf den EU-Durchschnitt innerhalb der nächsten fünf Jahre". Es wird ein ausgeglichenes Budget angestrebt, also wohl eine drastische Ausgabenbremse. Das bedeutet zwingend einen Ausgabenstopp beim Sozialstaat, der Gesundheit und den Förderungen. Dann ein mittlerer Hammer: "Totalreform der bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS): Bundeseinheitliche Regelung" (Anm: nach oben oder nach unten?) "von der Alimentierung zur Aktivierung: gemeinnützige Arbeit in der BMS und Adaptierung der Beträge im Vergleich zum Erwerbseinkommen (Anm: verpflichtendes Schneeschaufeln und Kürzung, wenn das BMS zu nahe beim Markteinkommen liegt?) "Höhe abhängig von Aufenthaltsdauer" (also weniger für Zugewanderte, Anm.).

Es gibt noch viel, viel mehr in diesem Papier. Würde das alles umgesetzt, wäre Österreich kaum wiederzuerkennen. Jetzt ist es ein relativ gut funktionierender Umverteilungsstaat, allerdings mit einem Übermaß an wachstumshemmender Bürokratie und einem hohen Maß an horizontaler Verteilungsungerechtigkeit (bestimmte Gruppen, vor allem im staatlichen und halbstaatlichen Bereich, sind gegenüber anderen, vor allem im ungeschützten Sektor, privilegiert; Stichwort: 99 Prozent der Mitarbeiter der Wiener Stadtwerke gehen in Frühpension).

Bei der Umsetzung dieser Konzepte wäre Österreich wahrscheinlich ein etwas besser funktionierender, "schlankerer" Immer-noch-Sozialstaat, in dem aber große Gruppen plötzlich um ihren bisherigen Sozialstandard bangen müssten (Einschnitte ins Sozialsystem sind nahezu unvermeidlich) – während andere, die "Leistungsträger", die unternehmerisch Tätigen, die Bürokratiegehemmten, die Geschäftstüchtigeren höchstwahrscheinlich ein leichteres Leben hätten.

Diese Großreform des "Systems Österreich" hat natürlich nur wenig Aussicht auf eine vollständige Umsetzung. Umgesetzt würde aber sicher etwas. Wer dann zu den Gewinnern und wer zu den Verlierern zählt, lässt sich nicht so leicht sagen. Würde die Veränderung dem selbstständigen Unternehmer Niki Lauda oder seinen (ehemaligen) Angestellten gefallen? Man muss versuchen, das im Wahlkampf noch so gut wie möglich herauszubekommen.

Allerdings ist das nur der wirtschaftliche Aspekt. Über die Vorstellungen von Kurz, welche Demokratie Österreich werden soll, demnächst mehr. (Hans Rauscher, 22.9.2017)