Den irakischen Kurden ist das Kunststück gelungen, mit ihrem Unabhängigkeitsreferendum die völlig zerstrittene politische Szene in Bagdad zu vereinen: Selbst jene Parteien, die den Kurden wegen ihrer gemeinsamen Gegnerschaft zum Regime von Saddam Hussein immer nahegestanden sind, gebärden sich nun, als wäre Erbil ihr historischer Feind.

Diese neue Einigkeit kann Premier Haidar al-Abadi nur recht sein – zögert es doch den Moment hinaus, in dem er von seinen politischen Konkurrenten für den drohenden Zerfall des Irak verantwortlich gemacht werden wird. Das heißt aber auch, dass Abadi keine Initiative ergreift, wieder zu einem konstruktiven Verhältnis mit Erbil zu finden. Da er mit seinem "Dialog, Dialog, Dialog" das Referendum nicht verhindern konnte, will er nun selbst nichts mehr davon wissen.

Dass Abadi erstens persönlich beleidigt ist und zweitens unter Druck des Parlaments steht, ist eine Sache. Dass er aber an der Eskalationsspirale dreht, aus der er vielleicht später nicht mehr herauskommt, ist eine andere. Die – unerfüllbare – Forderung an Erbil, die Kontrolle über die Flughäfen im Kurdengebiet zu übergeben, kann Abadi nicht einfach wieder fallenlassen. Was will er tun: Gewalt anwenden? Auch die Binnengrenze zu Kurdistan zu schließen würde auf eine direkte Konfrontation hinauslaufen. Nun sind gute Vermittler gefragt. (Gudrun Harrer, 27.9.2017)