Damit hat Cregg Jerri aus Fresno in Kalifornien wohl nicht gerechnet. Zwei Monate nachdem er als Gast eines Cafés einen Raubüberfall verhindert hatte, indem er einen mit Messer und Pistole bewaffneten, maskierten Mann überwältigte und dafür medial als Held gefeiert wurde, ist er schon wieder in den Schlagzeilen. Grund: Der verhinderte Täter sieht sich mittlerweile als Opfer und droht Jerri wegen "unverhältnismäßiger Brutalität" zu klagen.

Doch kaum hat man, begleitetet von nachsichtigem Kopfschütteln "typisch Amerika" geseufzt, da vernimmt man staunend, dass sich dieser Tage in Österreich ein ganz ähnlicher Fall zugetragen hat. Der Eurofighter-Hersteller Airbus droht Verteidigungsminister Doskozil mit einer Schadenersatzklage, da die von seinem Ministerium eingebrachte Strafanzeige gegen Airbus für diese Firma einen "Imageschaden" bedeute.

Nun ließe sich einwenden, dass die Beschwerde über eine Imageschädigung im Fall von Airbus so ähnlich klingt, als würde Wolfgang Sobotka über mangelnde Kreativität seines Friseurs klagen. Doch dieser Vergleich wäre nur dann zulässig, wenn sich Sobotka eigenhändig seiner Haarpracht entledigt hätte. Denn die für den Eurofighter-Mutterkonzern imagemäßig verheerendsten Informationen wurden durchwegs im Rahmen von Hausdurchsuchungen bei Airbus selbst sichergestellt. Und von über 100 Millionen Euro Schmiergeld sowie dem Geflecht aus Scheinfirmen zur Verschleierung der Geldflüsse war nicht in Doskozils Klage erstmals die Rede, sondern schon viel früher bei der Staatsanwaltschaft in München.

Bevor man jetzt zu mutmaßen beginnt, ob hier vielleicht die Strategie vorliegt, ab einer gewissen Dreckmenge einfach die Existenz des Steckens zu leugnen, sollte man noch eine andere Erklärung für die in der Klagsdrohung zum Ausdruck gebrachte Tolldreistigkeit in Betracht ziehen: Gewohnheit.

In seinem soeben erschienenen Buch "Der geplünderte Staat und seine Profiteure" beschreibt Alfred-Worm-Preis-Träger Ashwien Sankholkar einen bislang zu wenig beachteten Aspekt des Beschaffungsdeals. Die Eurofighter GmbH hat einst ihre Kaufpreisforderung gegenüber der Republik Österreich an die Bawag-PSK abgetreten. Diese holte sich das Geld in Raten vom Staat und machte dabei satte 292 Millionen Euro Gewinn. Als Zuckerl für Eurofighter und Bawag-PSK gab Österreich auch noch einen "Einredeverzicht" ab, der garantierte, dass selbst im Fall eines Rücktritts vom Kaufvertrag wegen festgestellter Schmiergeldzahlungen die Republik verpflichtet war, weiter brav an die Bank zu zahlen. Durch diese Garantie lukrierte Eurofighter auch noch einen Zinsvorteil von einigen Hundert Millionen Euro, der – wenig überraschend – nicht an Österreich weitergegeben wurde.

Warum die Verantwortlichen der Republik das gemacht haben, ist rätselhaft und sollte dringend Gegenstand von Ermittlungen werden. Dass die Münchner Flugzeughersteller angesichts solcher Geschäfte zum Übermut neigen, wirkt nachvollziehbar. Das dem "Einredeverzicht" zugrunde liegende Motto "Was liegt, das pickt" galt dann wohl auch für die laut firmeninternen Aufzeichnungen nur rollfähig gelieferten Kampfjets. (Florian Scheuba, 27.9.2017)