Die Vermögensverteilung in Österreich laut Berechnung der Arbeiterkammer.

Bild nicht mehr verfügbar.

Wer hat wie viel vom Kuchen? Die Debatte wird seit geraumer Zeit geführt.

Foto: Tobias Hase/dpa

Wien – Der Zeitpunkt der Präsentation ist klug gewählt. Mitten in die Wahldebatte über ein Comeback der Erbschafts- und Schenkungssteuer platzt die Arbeiterkammer mit neuen Erkenntnissen zur Vermögensverteilung. Ergebnis: Reichtum balle sich hierzulande noch massiver in einer Oberschicht als bisher angenommen. Laut aktueller Schätzung soll das reichste Prozent der Bevölkerung 40,5 Prozent des gesamten Nettovermögens besitzen.

Die Berechnung basiert auf Daten, die die Nationalbank mit aufwendigen Befragungen erhoben hat. Diese weisen an sich eine weniger dramatische Ungleichheit aus: Das oberste Prozent hält demnach "nur" 25 Prozent des Vermögens. Allerdings merken die Nationalbank-Experten selbst an, dass die reichsten Haushalte dabei nicht erfasst sind. Je mehr Millionen auf der Kante, desto geringer eben die Auskunftsfreude.

148.000 Millionäre im Land

Jakob Kapeller, Institutsleiter an der Uni Linz, hat mit Kollegen im Auftrag der Arbeiterkammer deshalb eine Hochrechnung angestellt: Das Forscherteam bezog die Ergebnisse der Reichenlisten aus dem Magazin "Trend" ein und nahm nach statistisch etabliertem Verfahren eine Schätzung vor. Einschließlich der "Superreichen" mache das gesamte Geld- und Sachvermögen der Privathaushalte in Österreich demnach netto – also abzüglich Schulden – deutlich mehr aus als von der Nationalbank ausgewiesen: Statt knapp 1.000 Milliarden rund 1.310 Milliarden Euro. Die Zahl der Millionäre schätzt die Studie auf 148.000, Milliardäre soll es etwa 36 geben.

Ärmere Hälfte hat 2,5 Prozent des Kuchens

Fünf Prozent der Haushalte hielten mehr als die Hälfte des Vermögens, das oberste Zehntel komme bereits auf 66 Prozent. Die "unteren" 90 Prozent hätten folglich mit insgesamt 34 Prozent weniger Vermögen, als das reichste Prozent alleine hat. Die ärmere Hälfte der Bevölkerung habe sich überhaupt mit 2,5 Prozent des Kuchens zu begnügen.

Gerechnet nach dem Durchschnittsvermögen: Das oberste Hundertstel erfreue sich im Schnitt an einem Besitz von 14 Millionen. Die reichsten zwei bis fünf Prozent kämen auf 1,3 Millionen, die unteren 90 Prozent nur auf 130.000 Euro. Spannend für den Wahlkampf: Eine Erbschaftssteuer ab einer Million Euro würde etwa fünf Prozent der Haushalte treffen, eine ab 500.000 zehn Prozent, rechnet Kapeller vor.

Debatte durch Ignoranz geprägt

Einen Beitrag, um "Licht ins Dunkel" zu bringen, sieht Markus Marterbauer in der Untersuchung. Derzeit sei die Debatte "durch mangelnde Datenkenntnis, oft durch Ignoranz geprägt", ärgert sich der Chefökonom der Arbeiterkammer und fordert einen regelmäßigen Reichtumsbericht der Regierung sowie eine Verpflichtung zur Teilnahme an der Nationalbank-Erhebung. Dass die Arbeiterkammer für die Erbschaftssteuer ist, sei bekannt, sagt Marterbauer und zeigt sich optimistisch: Sickerten die Fakten in die Diskussion ein, würden sich die sachlichen Argumente schon durchsetzen. (Gerald John, 28.9.2017)