"Österreich im europäischen Spitzenfeld", vermeldet Sebastian Kurz auf seiner Homepage.

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Im ORF-Wahlkampfduell gegen den türkisen Umfragekaiser schaffte es erstmals ausgerechnet die absturzgefährdete Frontfrau der Grünen, der bisher nahezu makellosen Fassade von Sebastian Kurz einige Kratzer zu verpassen. Vor allem wegen einer Grafik auf dessen Jubel-Homepage, die mittlerweile nicht mehr abrufbar ist und die Österreich als viertstärkste Nation in Sachen Entwicklungszusammenarbeit ausweist, geriet der Außenminister in Verlegenheit.

Dank Ulrike Lunacek wissen die Wahlberechtigten seit Donnerstagabend, dass bei dieser Ländervergleichstabelle bei den wahren Spitzenreitern gemäß OECD herummanipuliert worden sein muss, mehr als ein halbes Dutzend Staaten hat Kurz' Team offenbar weggekürzt, um die heimische Abgabenquote proportional aufzupolieren. Der Kanzlerkandidat sah sich prompt zu dem Versprechen genötigt, sich das anzuschauen – und versicherte, er kenne die Grafik nicht, habe bisher aber stets gesagt, dass man nur im europäischen Mittelfeld bei der Entwicklungszusammenarbeit liege.

Auch beim angeblich kompromisslosen Kampf gegen den politischen Islam zeigte Lunacek arge Widersprüche des Integrationsministers auf. Das umstrittene saudische Abdullah-Zentrum in Wien will Kurz trotz der Menschenrechtsverletzungen im wahhabitischen Königreich nämlich nicht schließen – weil es den "interkulturellen Dialog" ermögliche.

Dazu geißelte der ÖVP-Chef zwar erneut wortreich die Burka für Frauen – der Frage, ob er ein Feminist sei, wich er aber konsequent aus. Kein Wunder, denn: In seinem Wahlprogramm gibt es nicht einmal ein eigenes Frauenkapitel, die Anliegen der weiblichen Wählerschaft, illustriert mit Babyflascherl, Gurke, Lippenstift und Stöckelschuh, sind vor allem unter den Familienagenden subsumiert. (Nina Weißensteiner, 29.9.2017)