Wien – "Du kämpfst mit dem Krebs. Dein Arzt kämpft mit den bürokratischen Hürden der Krankenkasse": Dieses Plakatsujet der Wiener Ärztekammer sorgt für heftige Diskussionen in sozialen Medien. Beim Werberat sind bisher laut dessen Website drei Beschwerden über das Sujet eingegangen. Die Ärztekammer fühlt sich missverstanden. "Keinesfalls" gehe es "um eine Wertigkeit zwischen Krebspatienten und den Problemen im beruflichen Umfeld von Ärzten", hieß es dort auf Anfrage; Kritiker würden "mutwillig eine Instrumentalisierung von Krebskranken herbeireden".

"Für alle Betroffene muss solch ein perfider Vergleich ein Schlag ins Gesicht sein", heißt es in einer der Beschwerden beim Werberat. Eine zweite: "Mit dieser Kampagne der Ärztekammer wird Folgendes suggeriert: Was sind schon die kleinen Problemchen einer oft tödlichen Krankheit gegen massive Schwierigkeiten der Bürokratie, unter der die armen unterbezahlten Ärzte leiden?" Die dritte fordert: "Diese Werbung wäre unmittelbar zu stoppen, um die Gefühle und Interessen betroffener Patienten und deren Angehöriger zu respektieren und zu schützen."

Das kritisierte Werbesujet, hier ein Screenshot von der Kampagnen-Seite www.gesundheitistmehrwert.at.
Foto: Ärztekammer Wien / www.gesundheitistmehrwert.at

Die Ärztekammer lässt auf Anfrage wissen, sie wolle mit der Kampagne das vermitteln: "Wer Ärzten durch Bürokratie die Zeit stiehlt, stiehlt den Kranken die Zeit der Ärzte. Und nur das sagt dieses Plakat."

"Es sind die Ärztinnen und Ärzte, die Krebskranken, gemeinsam mit weiteren Spezialisten wie Psychologen et cetera, zur Seite stehen, sie beraten, auf ihre Sorgen eingehen, sie behandeln, die Therapien überwachen und auch im Falle palliativmedizinischer Betreuung Seite an Seite mit ihren Patienten stehen. Das können sie nur, wenn ihnen die Zeit dafür gegeben wird", lässt die Ärztekammer zu der Kampagne und der Kritik an Sujets verlauten.

Und: "Die Krankenkassen stehlen diese Zeit, da Ärztinnen und Ärzte mit immer mehr Bürokratie eingedeckt werden. Es kann also nur im ureigensten Interesse aller Patienten, und natürlich auch von Krebspatienten, sein, dass Ärztinnen und Ärzte wieder mehr Zeit für ihre Patienten zur Verfügung haben. Derzeit geht diese Zeit durch bürokratische Schikanen verloren, und genau das thematisieren die Plakate. Wie man daraus ableiten kann, dass die Ärztekammer die Probleme eines Arztes in seinem beruflichen Umfeld mit jenen von Krebskranken gleichsetzen möchte, ist nicht wirklich nachvollziehbar."

"Herbeigeredete Instrumentalisierung"

Die Kammer* weiter: "Krebserkrankungen sind leider nach wie vor Bestandteil unserer Gesellschaft; die Probleme der behandelnden Ärztinnen und Ärzte in ihrem beruflichen Umfeld und zulasten ihrer Patienten leider auch. Mutwillig eine Instrumentalisierung von Krebskranken auf einem Plakat herbeizureden, bei dem es eindeutig darum geht, die Situation, Behandlung und Betreuung für die Patienten nachhaltig zu verbessern, bedeutet, sich der Realität entziehen zu wollen." (red, 29.9.2017)