Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) bekannte sich ausdrücklich zu dem vor kurzem provisorisch in Kraft getretenen Handels- und Investitionsabkommen der EU mit Kanada (Ceta), trotz der heftigen Kritik seitens der Opposition und aus seiner eigenen Partei an den vereinbarten Sonderregeln für richterliche Schiedsgerichte bei Investitionsstreitigkeiten, die nationaler Gesetzgebung entzogen sind. Er wolle verhindern, dass das Abkommen, das für Österreich als starker Exportnation sehr wichtig sei, durch Ablehnung im Nationalrat als Ganzes scheitere, erklärte er am Freitag am Rande des EU-Gipfels in Tallinn.

"Wir sind in einer Situation, dass es derzeit im Parlament keine Chance gibt, einen positiven Beschluss zu erreichen", sagte Kern auf eine Frage des Standard, warum die Regierung dem Nationalrat den Ceta-Vertrag nicht zur Ratifizierung vorlege. "Wenn ich das mache, wird es abgelehnt. Dann ist Ceta tot, das ganze Projekt gescheitert", argumentiert der Kanzler seine Haltung. Er habe als Regierungschef das Recht, so zu handeln und den Vertrag den Abgeordneten nicht weiterzuleiten.

Im Oktober 2016 unterzeichnet

Wie berichtet, wurde der Ceta-Vertrag von der EU-Kommission und der kanadischen Regierung im Oktober 2016 unterzeichnet. Jene Teile, die reine Handelspolitik betreffen, fallen unstrittig in EU-Kompetenz. Schiedsgerichte für Investitionen, aber auch nichttarifäre Bestimmungen, die in Sozial- und Umweltgesetzgebung hineinreichen, müssen jedoch von den nationalen Parlamenten ratifiziert werden, weil sie nationale Gesetzgebung beeinflussen. Darauf haben sich Kommission und EU-Staaten verständigt.

In einem Eintrag auf Facebook, aber auch in der TV-Konfrontation mit der Spitzenkandidatin der Grünen, Ulrike Lunacek, hat der Kanzler darauf hingewiesen, dass er auch Bedenken zu Schiedsgerichten und Sozialgesetzen habe, es dazu noch Klärungen geben müsse. Dazu sei noch Zeit, weil auch Höchstgerichtsentscheide anstünden, in Deutschland und im EuGH. Er stehe zu seiner "pragmatischen Entscheidung". (Thomas Mayer, 30.9.2017)