"Klar muss es eine massive Entschuldigung dafür geben, aber er muss einfach sagen, ob er es gewusst hat oder nicht", sagt Grünen-Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek über Christian Kern und die SPÖ.

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Wien – Die Grüne Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek erwartet von SP-Chef Christian Kern Aufklärung über die verdeckte Facebook-Kampagne gegen die ÖVP. Sollte Kern selbst davon gewusst haben, müsse er zurücktreten. "Solche Methoden, die schüren die Spaltung in Österreich. Das ist ein Tiefpunkt, der seinesgleichen sucht", sagte Lunacek in der ORF-Pressestunde am Sonntag.

Ulrike Lunacek zu den Turbulenzen in der SPÖ.
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Kern müsse klar machen, woher das Geld für die Dirty Campaigning-Aktivitäten des früheren SP-Beraters Tal Silberstein gekommen sei und wer daran beteiligt war. "Klar muss es eine massive Entschuldigung dafür geben, aber er muss einfach sagen, ob er es gewusst hat oder nicht." Die ganze Causa sei ein Schaden für die Glaubwürdigkeit der gesamten Politik. Sollte Kern davon gewusst haben, erwartet Lunacek seinen Abgang: "In diesem Fall dann ja, Rücktritt."

Ulrike Lunacek zu Asyl- und Migrationspolitik
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Zur Krise der eigenen Partei, die in den Umfragen an der Vier-Prozent-Hürde für den Einzug in den Nationalrat schrammt, will Lunacek "nichts beschönigen". Natürlich seien auch Fehler geschehen, aber im Wahlkampf gebe es zuletzt immer mehr Zuspruch. Die Grüne Spitzenkandidatin hofft daher auf ein deutlich besseres Abschneiden bei der Wahl als in den Umfragen: "So wie die deutschen Grünen, die hatten vor wenigen Wochen gerade einmal sechs Prozent in den Umfragen, jetzt haben sie neun."

Regierungsbeteiligung oder Klubobfrau

Dem früheren Grünen Peter Pilz warf Lunacek vor, seine Abspaltung bereits geplant zu haben, bevor ihn der Bundeskongress von der Kandidatenliste strich. Schon vor einem Jahr habe er in internen Papieren zur Flüchtlingspolitik "FP-Diktion" verwendet und vor der Abstimmung am Bundeskongress habe er Kandidaten für seine eigene Liste gesucht. "So wie es jetzt aussieht, hat er das geplant. Er ist weggegangen. Er hat sich von dem entfernt, wofür die Grünen stehen." Pilz sei aber nicht der Hauptgegner der Grünen, das seien die Regierungsparteien.

Ulrike Lunacek zur Trennung von Peter Pilz.
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Grundsätzlich wünscht sich Lunacek für die kommende Legislaturperiode eine Regierungsbeteiligung der Grünen, wobei sie ein Zusammengehen mit den Freiheitlichen ausschloss. Sollte eine Regierungsbeteiligung nicht gelingen, will sie als Klubobfrau in den Nationalrat wechseln. Auf EU-Ebene plädiert Lunacek unter anderem für eine europäische Arbeitslosenversicherung, für Strafen gegen Länder, die die Aufnahme von Flüchtlingen verweigern, und für eine "europäische Republik".

Innenministerium für Strache Koalitionsbedingung

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache macht eine freiheitliche Besetzung des Innenministeriums zur Koalitionsbedingung. "Der Innenminister ist eine Bedingung, der Außenminister ist eine Forderung", sagte Strache am Sonntag in der ORF-"Pressestunde". Das Innenressort sei notwendig, um die inhaltlichen Positionen umsetzen zu können. Von Kanzler Christian Kern (SPÖ) forderte er einen Rücktritt.

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Das Abtreten des Bundesgeschäftsführers und roten Wahlkampfmanagers Georg Niedermühlbichler – für Strache nur ein "Bauernopfer" – reiche nicht. Es sei Kern persönlich gefordert. "Ich denke, dass die Konsequenz natürlich beim Bundeskanzler liegt", erklärte Strache. Durch das Betreiben verdeckter Facebook-Seiten sei ein Schaden angerichtet worden, der über Österreich hinausgehe. Die SPÖ sei in eine Grube hineingefallen, die sie anderen gegraben hat.

Autonomiestatus für Ostukraine

Strache kritisierte aber auch ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Er und der für die rote Schmutzkübelkampagne verantwortliche Ex-SPÖ-Berater Tal Silberstein seien im Flugzeug nebeneinandergesessen, und trotzdem habe Kurz später die Frage, ob er Silberstein kenne, nicht wahrheitsgemäß beantwortet.

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Über weite Strecke des Interviews ging es um die EU- und Außenpolitik. Das Katalonien-Referendum in Spanien befürwortete Strache, das Selbstbestimmungsrecht im Völkerrecht stehe über der Verfassung. Ähnlich argumentierte er auch das umstrittene Referendum auf der Krim. Dieses sollte entweder international anerkannt werden oder unter Aufsicht wiederholt werden. Für die Ostukraine schlägt Strache einen Autonomiestatus vor.

Unterschiede zur AfD in der Sprache

Beim wegen der Ukraine entstandenen Konflikt zwischen der EU und Russland hätte Österreich seine Neutralität besser nützen können, meint Strache. Österreich hätte die Sanktionen nicht unterstützen dürfen. Generell sei Europa mehr als die Europäische Union, auch Russland sei Teil von Europa, bei der Türkei hingegen schaue es anders aus. Seine Kritik richte sich auch nicht an Europa, sondern an die EU-Institutionen und gegen die Zentralisierung. "Die europäischen Bürger wollen ein Europa der Vaterländer", so Strache. Die Neutralität aufzugeben, komme für Österreich nicht infrage, erklärte der FPÖ-Chef. Die AfD, die bei der deutschen Bundestagswahl 13 Prozent erreichte, sei ähnlich positioniert wie die FPÖ, Unterschiede gebe es aber in der Sprache.

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Seiner Linie, vor einer Neuauflage von Rot-Schwarz oder Schwarz-Rot zu warnen, blieb Strache treu. Weiters forderte er Grenzkontrollen am Brenner, in Spielfeld, an Flughäfen und auf Bundesstraßen. Flüchtlinge, die über das Mittelmeer nach Europa kommen, sollten zurückgeschickt werden. Strache kritisierte auch das Sozialsystem. Es könne nicht sein, dass jemand, der keine Stunde gearbeitet habe, Mindestsicherung bekomme. An anderer Stelle des Interviews forderte er mehr Geld für Grundwehrdiener: "Diese verdienen eine Mindestsicherung." (APA, 1.10.2017)