Gemütlich war es nur vor der ATV-Elefantenrunde.

apa

Während der Debatte lieferten sich Kanzler Christian Kern und ÖVP-Chef Sebastian Kurz einige harte Matches.

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Wien – Die ungewöhnliche Koalition von SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grünen und Neos wurde schon vor der Elefantenrunde auf ATV am Sonntagabend geschmiedet. Die fünf Parteien teilten dem Sender mit, man sei vom ursprünglichen Plan, während der Sendung unmoderierte "Blitzduelle" von jeweils zwei Kandidaten abzuhalten, nicht angetan. ATV entschärfte daraufhin den Modus, nur Peter Pilz hätte sich gerne unmoderiert duelliert.

Damit war es mit der Harmonie aber schon vorbei. Das omnipräsente Thema des Wochenendes, die Causa Silberstein, sorgte für eine hitzige, von vielen Unterbrechungen geprägte Diskussion und massive Angriffe auf Kanzler Christian Kern. ÖVP-Chef Sebastian Kurz warf den Roten vor, mit Silberstein "Methoden importiert" zu haben, "die wir in Österreich nicht wollen", und erinnerte daran, dass auch in seinem privaten Umfeld "geschnüffelt" worden sei.

"Absoluter Tiefpunkt"

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sprach von einem "absoluten Tiefpunkt politischer Unkultur" und sieht im zurückgetretenen SPÖ-Geschäftsführer Georg Niedermühlbichler nur ein "Bauernopfer". Strache: "Das ist keine Silberstein-Affäre mehr. Das ist eine Kern-Affäre." Sein Fett bekam Kern auch von Peter Pilz ("absolute Schande"), Grünen-Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek ("Hätte von Kern eine massive Entschuldigung erwartet") und Neos-Chef Matthias Strolz ("Bei mir hat Silberstein keinen Fuß in die Tür bekommen") ab.

Der vielkritisierte Kern versuchte, zeitweise merklich genervt, eine Gegenoffensive, knallte Kurz Ausdrucke von der Seite "Die Wahrheit über Christian Kern" aufs Pult und richtete Kurz und Strache aus: "Wenn die Kollegen so tun, als ob sie mit alldem nichts zu tun haben, mit Verlaub, das glaube ich mit keinem Wort."

"Kürzungen im Sozialsystem"

Inhaltlich ging es beim Steuerthema emotional zu. Kurz und Strache bewarben ihre gigantischen Entlastungspläne, Kern bezeichnete diese als unfinanzierbar ("führt zu Kürzungen im Sozialsystem"), Lunacek und Pilz lieferten sich ein Match darum, wer noch härter gegen internationale Großkonzerne vorgehen will, und Strolz brachte sich neuerlich als Gegner der Kammerpflichtmitgliedschaft in Stellung.

Die zweite Hälfte der Konfrontation stand dann wieder einmal im Fokus der Flüchtlingsdebatte. Kurz deponierte erneut seine Botschaften, es könne nicht Ziel der Politik sein, "dass diejenigen, die sich illegal auf den Weg machen, die sind, die dann durchkommen". Bei den von Kurz propagierten Resettlementprogrammen, also der Aufnahme von Flüchtlingen direkt aus Kriegsgebieten, warf Lunacek dem Außenminister vor, auf EU-Ebene viel zu wenig getan zu haben.

"Das ist der größte Lavendel"

Der blaue Frontmann Strache brachte in diesem Zusammenhang seinen jüngsten Wahlkampfschlager an, Kurz sei ein "Spätzünder", und wurde auch von Peter Pilz unterstützt. Dieser richtete Kurz aus: "Sie sind der beste Strache-Imitator, den es jemals gegeben hat."

Aber auch Kern lieferte sich mit dem ÖVP-Chef bei diesem Thema eine harte Auseinandersetzung. Nachdem ihm Kurz vorgehalten hatte, ihn auf europäischer Ebene nie unterstützt zu haben, wurde der Kanzler wieder emotional und rief: "Das ist der größte Lavendel." Und der Kanzler weiter: Die von Kurz vielgepriesene Schließung der Balkanroute wäre ohne Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel "so dicht wie ein Nudelsieb".

"Beachtliches Insiderwissen"

Ganz zum Schluss ging es dann wieder um Silberstein. Kern fragte Kurz, woher er wisse, dass Silberstein mit zwölf Mitarbeitern an den umstrittenen Facebook-Seiten "Die Wahrheit über Sebastian Kurz" und "Wir für Sebastian Kurz" gearbeitet habe. Diese Information, die Kurz nebenbei erwähnt hatte, sei nirgendwo veröffentlicht worden. "Ich habe das von meinen Mitarbeitern googeln lassen", erklärte Kern, der bei Kurz "beachtliches Insiderwissen" konstatierte.

Dieser reagierte kurz angebunden. Er habe in den vergangenen Tagen Gespräche mit Journalisten zu diesem Thema geführt, so die Erklärung des ÖVP-Chefs, der seinerseits wieder Kern vorwarf, nur ablenken zu wollen. (go, sefe 1.10.2017)