Wien – Es gibt Komponisten, von denen praktisch keine weniger geglückten Werke existieren. Dass Richard Strauss zur anderen Gruppe zählt, tut seiner Meisterschaft keinen Abbruch. So lässt sich bei ihm mehrfach staunen: über den visionären Schwung, die Kühnheit zahlreicher Würfe, aber auch über unbekümmerte Routine und moderate Inspiration. Die Burleske für Klavier und Orchester gehört eher in die zweite Kategorie: Seltsam unmotiviert verbindet sich vordergründig-kaskadenhafte Virtuosität mit dem Versuch, Brahms'schen Stil zu kopieren.

Es spricht für Andrés Orozco-Estrada und die Wiener Symphoniker, dass sie sich der Sache mit derselben Verve näherten wie den stärkeren Werken des Musikverein-Abends. Solistin Lilya Zilberstein meißelte die holzschnittartigen Läufe verlässlich heraus, blieb aber klanglich etwas monochrom. Der Vorwurf ließ sich Orchester und Dirigent nicht machen.

Tatsächlich verblüffend

Die beiden frühen Tondichtungen Don Juan und Macbeth wurden mit ungebremstem Elan und Frische musiziert. Zugleich zeichnete Orozco-Estrada scharf die motivischen Konturen nach und vermittelte die zur Entstehungszeit unerhörten orchestralen und harmonischen Farbwirkungen, ließ sie tatsächlich wieder verblüffend klingen – ein Kunststück, dass den "Strauss-Experten" seiner Kollegen nicht immer gelingt.

Überhaupt scheint der ehemalige Chef des Tonkünstler-Orchesters, nun in Frankfurt und Houston tätig, sein Vermögen nochmals erweitert zu haben, die Partituren zu durchdringen und ihnen dann den Eindruck selbstverständlichen Fließens zu verleihen. Dass den fulminant-klangvollen Symphonikern manchmal die letzte Präzision fehlte, änderte daran nichts. Und die Rosenkavalier-Suite war ohnehin wie aus einem Guss: mit pointierten Schroffheiten, einem geschmackvoll ausgewogenen, doch süffigen Klangbad bei den erotischen Passagen und einer "wienerischen" Eleganz bei den Walzerrhythmen, die noch ganz andere Aufgaben für Orozco-Estrada vorstellbar machen. Diese Saison leitet er noch Konzerte mit den Tonkünstlern (Dezember, Musikverein), seinem Houston Symphony (März, Konzerthaus) und den Wiener Philharmonikern (April, Musikverein). (daen, 2.10.2017)