Massentourismus, Klimawandel und nicht nachhaltige Raumplanung setzen dem Alpenraum zu, warnt Thomas Schickhofer in seinem neuen Buch. Darin schildert er auch mögliche Alternativen.

Foto: APA/AFP/JEFF PACHOUD

Wien – Der Massentourismus knabbert an den Alpen. Zusätzlich setzen die Klimaveränderungen das Ökosystem unter Druck. Umweltschützer und Naturfotograf Matthias Schickhofer plädiert in seinem neuen Buch Schwarzbuch Alpen. Warum wir unsere Berge retten müssen für einen nachhaltigeren Umgang mit dem sensiblen Ökosystem.

"Kein Hochgebirge wird wirtschaftlich und industriell so stark beansprucht und ist so stark von Verkehrswegen zerschnitten wie die Alpen", sagt Schickhofer dem STANDARD. Er prangert in diesem Zusammenhang vor allem Versäumnissen in der Raumpolitik an. Auch in den höheren Lagen steige der Druck, etwa durch Erweiterungen von Skigebieten und Staudämmen.

Dazu kommt der Klimawandel, der die Alpen bereits jetzt stark trifft. Die Folge sind Gletscher- und Permafrostschmelze, Überflutungen und Stürme. "Laut vielen Klimaforschern werden die großen Gletscher ab Mitte des Jahrhunderts zu einem guten Teil verschwunden sein", sagt Schickhofer. Die Folgen dieser Dynamik werden auch im Tal zu spüren sein: Wenn der Permafrost in Gestein- und Schuttmassen auftaut, wird es zu mehr Bergstürzen, Steinschlägen und Hangrutschungen kommen. Grundsätzlich sei mit mehr Wetterextremen zu rechnen, so Schickhofer.

Revival der Sommerfrische

Im Winter kommt es schon jetzt zu weniger Schneefall. Die Kosten für künstliche Beschneiung steigen. Der Klimawandel könnte dem Tourismus sogar nutzen, sagt Schickhofer: Im Sommer könnten mehr Touristen in die kühlen Berge kommen.

"Das Hamsterrad aus Konkurrenzkampf, Investitionen und Verschuldung dreht sich schneller. Die großen Destinationen kannibalisieren sich regelrecht gegenseitig", sagt Schickhofer. Er plädiert für eine Umorientierung – auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Der Massenskitourismus habe zum Beispiel keine gute Prognose. Das Freizeitverhalten ändere sich, und der Schnee werde weniger, so der Autor.

Es gebe zwar keine Patentlösungen, aber bereits einige Vorbilder: Manche Alpenregionen setzen bereits auf "sanftere" Angebote wie Winterwandern, Skitouren oder Schneeschuhwandern. Dabei ist man flexibler und weniger von einer bestimmten Schneemenge abhängig. Schickhofer nennt Beispiele für eine nachhaltigere Entwicklung: Die vom Alpenverein initiierten Bergsteigerdörfer, das Winterwandern in Tirol oder das früher stark von Abwanderung fast entleerte Mairatal im Piemont. Mehrtageswanderwege erfreuen sich großer Beliebtheit, wie etwa der Adlerweg in Tirol oder der Alpe-Adria-Trail von Kärnten nach Triest. Die "alpinen Perlen" ermöglichen zudem oft Urlaub ohne Auto, so Schickhofer. (july, 5.10.2017)