Laut Christoph Matznetter (links) bestreitet der inzwischen suspendierte SPÖ-Mitarbeiter, nach Mitte August noch an den Facebook-Seiten beteiligt gewesen zu sein.

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Wien – Richtig flott ist die SPÖ bei der Aufarbeitung der Causa Tal Silberstein nicht unterwegs. Am Sonntag hatte SPÖ-Chef und Kanzler Christian Kern angekündigt, den Vertrag mit dem israelischen Berater, der gemeinsam mit einem kleinen Team hinter dem Dirty Campaigning auf Facebook gegen ÖVP-Chef Sebastian Kurz stecken soll, zu veröffentlichen.

Passiert ist das aber bis Mittwoch noch immer nicht. In der Parteizentrale wird argumentiert, man sei noch am recherchieren, ob es neben dem eigentlichen Vertrag nicht noch einen Sideletter, also eine Nebenabrede, gab, und man wolle alle Zahlungsflüsse überprüfen. Erst wenn der Bericht des Wirtschaftsprüfers fertig ist – er wird am Donnerstag, spätestens am Freitag erwartet – soll entschieden werden, was genau offengelegt wird.

Sudelkampagne

Wie berichtet soll das Team um Silberstein und den PR-Berater Peter Puller die Sudelkampagnen betreut haben, und zwar auch noch, nachdem die SPÖ am 14. August ihren (auf andere Leistungen abstellenden) Vertrag mit Silberstein gekündigt hat. Ein mittlerweile suspendierter Mitarbeiter der Parteizentrale soll als Verbindungsmann fungiert haben. Die Parteispitze sei nicht informiert worden, so die offizielle Argumentation.

Am Dienstag hat die SPÖ auf mehreren Ebenen rechtliche Schritte eingeleitet. Einerseits will man Facebook zur Offenlegung der Betreiber von "Die Wahrheit über Sebastian Kurz", "Wir für Sebastian Kurz" und "Die Wahrheit über Christian Kern" zwingen. Andererseits wurde die Staatsanwaltschaft Wien eingeschaltet, um zu prüfen, ob der Tatbestand der üblen Nachrede und/oder der Beleidigung vorliegt. Die Anzeige richtet sich vorerst gegen "unbekannte Täter".

Der SPÖ-Mitarbeiter, der sich aktuell im Krankenstand befindet, war bisher für keinerlei Stellungnahme erreichbar. DER STANDARD verzichtet daher auf eine Namensnennung. Medienanwältin Maria Windhager spricht aber von einem "juristischen Grenzfall". Dass die Causa Silberstein zu einem zentralen Wahlkampfthema geworden ist, würde für eine Nennung sprechen, die Unklarheit seiner genauen Rolle, die strafrechtlichen Vorwürfe sowie die Tatsache, dass er sich bisher nicht erklärt hat, spreche eher dagegen.

Laut Christoph Matznetter, der für die SPÖ die Causa aufklären soll, bestreitet der Mitarbeiter eine Beteiligung nach Mitte August. Es gebe noch eine Unschärfe, ob er bis 14. August, dem Tag des Silberstein-Rauswurfs, oder bis 16. August involviert gewesen sei. Die Presse hatte am Dienstag von Dokumenten berichtet, laut denen der SPÖler das Facebook-Team sehr wohl auch nach dem Silberstein-Ausscheiden noch mit Inputs beliefert und Inhalte abgestimmt habe, diese Dokumente aber nicht veröffentlicht.

Nicht namentlich genannt werden vom STANDARD auch alle anderen kolportierten Mitglieder des Silberstein-Teams. Zum Teil haben sie Neos-Vergangenheit, in SPÖ-Kreisen werden aber auch indirekte Verbindungen zu ÖVP-Politikern hergestellt. Beweise für ein Fehlverhalten einzelner Personen liegen aber bisher nicht vor.

Rote Verdächtigungen

Matznetter stellt sogar den Verdacht in den Raum, dass die ÖVP Silbersteins Team übernommen und finanziert haben könnte, und verweist dabei auf den erwähnten Peter Puller, der früher für die ÖVP tätig war. Puller hat, wie berichtet, mit seiner Agentur für die Plattform "Stop Extremism" gearbeitet. Der frühere Grünen-Politiker und nunmehrige ÖVP-Kandidaten Efgani Dönmez ist Mitinitiator dieses Projekts, das als europäische Bürgerinitiative versucht, eine Million Unterschriften gegen Extremismus zu sammeln.

Dönmez gab an, das Projekt habe nur ein Budget von 20.000 Euro. Puller hatte allerdings einen Vertrag, laut dem ihm allein monatlich mehr als 15.000 Euro für PR-Begleitung und Strategieentwicklung zugesichert wurden. Für die gesamte Laufzeit von einem Jahr wurden mehr als 180.000 Euro vereinbart. Abgeschlossen wurde der Kontrakt nicht mit Dönmez, sondern mit der Gesellschaft für Politikanalyse. Diese erklärte am Mittwoch aber, dass an Puller nur 1906,17 Euro an Fremdaufwänden ausbezahlt worden seien, Beratungshonorar sei gar keines bezahlt worden, weil der Vertrag nach acht Wochen bereits wieder gekündigt worden sei.

Bestätigt wurde von der Gesellschaft die Darstellung von Dönmez, dass dieser nicht eingebunden gewesen sei. Matznetter findet aber den Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung (17. Juli) seltsam. Im Juli setzte auch das Dirty Campaigning verstärkt ein. "Das stinkt ein bissl. Das kommt mir komisch vor." der STANDARD betont, dass er keine Hinweise auf einen Konnex der beiden Causen hat. Puller wollte sich bisher weder zu Silberstein noch zu Dönmez äußern.

Matznetter ist auch der Meinung, dass die Gelder für Puller als Spenden im Sinne des Parteiengesetzes zu werten seien und Dönmez diese veröffentlichen müsste. Dem widerspricht aber der Parteienfinanzexperte Hubert Sickinger. Da das Projekt "Stop Extremism" nichts mit Dönmez' Kandidatur zu tun habe, würden Zahlungen dafür nicht unter das Parteiengesetz fallen. (Günther Oswald, 4.10.2017)