Teheran/Wien – An der Grenze zwischen dem Iran und dem Irak stehen Panzer und Militärfahrzeuge der beiden Länder in Wartestellung – zum ersten Mal nach zwanzig Jahren und dem Ende des achtjährigen Krieges. Diesmal geht es allerdings um ein gemeinsames Vorhaben: Ein Manöver soll nach Angaben aus Bagdad und Teheran die militärische Kooperation beider Länder vertiefen. Hintergrund ist der Konflikt um das Unabhängigkeitsvotum der irakischen Kurden, das beide ablehnen.

Nach dem Besuch der Oberbefehlshaber des türkischen Militärs in Teheran ist auch ein gemeinsames Manöver mit der Türkei geplant. Die Situation nach dem Votum hat die drei Nachbarländer veranlasst, ihre militärische Zusammenarbeit zu vertiefen. Der Präsident der Türkei, Tayyip Erdogan, traf am Mittwoch in Teheran zu einem offiziellen Besuch ein und kündigte an, gemeinsam mit dem Iran und der Regierung in Bagdad die Öllieferungen aus dem Kurdengebiet im Nordirak unterbinden zu wollen.

In Teheran wird das Votum der Kurden – so wie in der Türkei – zwar offiziell als ein Fehler interpretiert und als Schritt in die falsche Richtung dargestellt. Aber die öffentliche Meinung zeigt unabhängig von der ablehnenden Haltung des religiösen Führers und der Regierung große Sympathien für das kurdische Volk.

Vorwürfe an Israel

Abgesehen von konservativen Zeitungen, die – ähnliche wie der religiöse Führer Ayatollah Ali Khamenei – hinter den Unabhängigkeitbestrebungen der Kurden die Hand Israels sehen, Bilder der Demonstranten mit israelischen Fahnen in Erbil veröffentlichen und eine im Sinne Israels entstandene Nation als Folge der Unabhängigkeit fürchten, haben mehrere Politikwissenschafter Verständnis für die Bestrebung gezeigt. Sie erinnern daran, dass die Kurden und Iraner eine gemeinsame Geschichte und Kultur vorweisen können und daher ein freies Kurdistan niemals als Feind des Iran in Erscheinung treten würde.

"Der Iran soll den Kurden als großer Bruder beistehen", schreibt Etelaat und kritisiert zugleich die Machtverteilung auf Familien in Kurdistan. Die Sorge um ein unabhängiges Kurdistan ist in den zum Irak und der Türkei angrenzenden Provinzen aber sehr groß. Viele Bewohner verweisen auf frühere Konflikte zwischen dem Osmanischen Reich und den Kurden.

Nähe und Konflikte

"Eine Teilung des Irak in arabische und kurdische Gebiete kann nur im Interesse des Iran sein", so ein Etemad-Kommentator. Ein starker Irak könne sich "jederzeit wieder gegen den Iran erheben, unabhängig davon, ob Schiiten oder Sunniten an der Macht sind".

Abgesehen von allen Sympathien für Kurden stehen mehrere kurdische Partisanengruppen in Konflikt mit iranischen Grenzposten. Der Iran befürchtet, dass sie in einem freien Kurdistan Unterschlupf fänden. Kurden verteilen sich im Iran auf vier Provinzen. In Sanandaj, der Hauptstadt der Kurdenprovinz im Iran, haben tausende Demonstranten ihre Sympathie für Kurdistan friedlich geäußert, ohne von Sicherheitsorganen daran gehindert zu werden. (Amir Loghmany, 5.10.2017)