Der junge Graf in "Reiseckers Reisen".

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Am fremdesten drohen in Zeiten, da beinah jede Susi schon in Singapur war und fast jeder Toni auf Tauchurlaub in Ägypten und der Bernd und die Brigitte bald zum Partymachen übers Wochenende an Bulgariens Strände fliegen, nämlich die Dörfer hinter der nächsten Bergkuppe zu werden.

Mit der Kamera im Brillengestell spürt ein Wandersmann im ORF dienstagnachts jene auf und leistet Vermittlungsarbeit. "I bleib eh in Österreich", sucht Michael Reisecker zum Einstand der jüngsten Folge seiner "Reisen" die Oma zu beruhigen.

Sie führte ihn ins Thayatal. Wem heimische Geografie ein weißer Fleck ist, dem sei es im niederösterreichischen Waldviertel verortet. Einer Gegend, von der Reisecker öfter "Vü los is do ned" sagen könnte, als er es tut, schaute er weniger genau hin. Der menschenfreundliche Blick sucht nicht das Kuriose.

Wie lebt es sich heutzutage als junger Graf, will er vom ersten Eingeborenen wissen, der ihm sodann die Tür zum Familienschloss aufsperrt. "Wonnst Zeit host a paar Minuten ...", lautet eine andere der freundlich-forschen Zauberformeln des Entdeckers mit dem sprichwörtlichen Hut in der Hand und ohne falsche Scheu im Sinn. Denn die Menschen sind – anders als in anderen Reportageformaten – freundlich, friedlich, klug.

Abwanderung aus der Region? Viele versuchen dazubleiben, erklärt eine Jungfamilie einige Orte weiter. Das Dorfleben sei intakt, die Tankstelle ist wichtigster Treffpunkt zum Quatschen.

Die anstehende Wahl hat digitale, reale und TV-Programm-Plätze fest in Beschlag genommen. Da wird solch eine unaufgeregte Landestour zur wohltuenden Ergänzung. Gutes liegt offenbar nah. (Michael Wurmitzer, 4.10.2017)