Die heurige Tourismussaison ist nicht schlecht gelaufen, weder in Österreich noch in Italien, dem Lieblingsurlaubsland der Österreicher. Eine Maklerin, die Ferienhäuser in Italien an ausländische Gäste vermittelt, ist zufrieden. Ein Umstand allerdings fällt auf: Während das Geschäft im mittleren Preissegment so so geht, boomt der Luxussektor wie noch nie.

Ein adaptiertes altes Bauernhaus in der Toskana, mit Swimmingpool und Garten ist auch schön. Aber für die wirklich Reichen gibt es Besseres: ein Schloss, voll mit Kunstwerken aus allen Epochen, mehreren Limousinen mit livrierten Chauffeuren, die zu allen Zeiten bereitstehen, täglich Friseur, Masseur und Maniküre. Koch, Küchenpersonal, Diener und Kammerjungfern. Hin- und Rückreise und gelegentliche Ausflüge im Privatjet. Kostenpunkt: 165.000 Euro pro Woche. Überhaupt kein Problem, sagt die Maklerin, für so ein Objekt Interessenten zu finden. Im Gegenteil.

Das Beispiel illustriert, was wir aus vielen Statistiken wissen: Der Abstand zwischen den sehr Reichen und dem Rest der Bevölkerung wird größer und größer. In fast allen Ländern verdienen die ganz wenigen an der Spitze der Geldpyramide ebenso viel oder mehr als die Massen in der Mitte und ganz unten. Keine gute Entwicklung, meinen nicht nur die linken Ökonomen. Allzu große Einkommensunterschiede reißen die Gesellschaft auseinander, verzerren die politische Landschaft, begünstigen Korruption.

Schüren sie auch den Neid? Seltsamerweise scheint es nicht so zu sein. Die meisten Kleinverdiener alterieren sich bedeutend mehr über die Flüchtlinge, die ihnen angeblich ein Stück vom Kuchen wegnehmen, als über die Milliardäre. Und innerhalb der eigenen Community beneidet man eher den Nachbarn, der ein etwas größeres Auto, eine etwas schönere Wohnung, einen etwas besseren Job hat als man selber und weniger den steinreichen Promi in unerreichbar lichten Höhen.

Fast sieht es so aus, als ob unsere Gesellschaft die ganz Reichen brauchte. Zahllose Hochglanzillustrierte und Fernsehsendungen leben davon. Man will wissen, wie die da oben leben, wie ihre Häuser aussehen, wer ihre Freundinnen sind, was für Feste sie feiern und was für Hobbys sie pflegen. Wer Magazine durchblättert, stößt auf Namen, die er oder sie noch nie gehört hat und deren Träger auch nichts weiter Bemerkenswertes geleistet haben, aber eines besitzen: Geld. Genügt durchaus fürs Berühmtsein. Als vor einigen Wochen in einem Wiener Palais ein russischer Milliardär für seine Tochter einen Hochzeitsempfang gab, standen die Anrainer in dichten Gruppen auf der Straße. Bewunderung lag in der Luft, nicht Ablehnung.

Sollte man die sehr hohen Einkommen und die sehr großen Vermögen stärker besteuern? Ja. Aber einschlägige Vorhaben finden in Österreich keine Mehrheit. Steuern sind unpopulär, auch wenn sie nicht die Durchschnittsverdiener treffen, sondern eine kleine, reiche Minderheit. Wie die italienische Häusermaklerin aus Erfahrung weiß, wollen wir auf wirklich spektakulären Luxus nicht verzichten – auch wenn es andere sind und nicht wir, die ihn genießen. (Barbara Coudenhove-Kalergi, 4.10.2017)