Dübendorf – Das Wasser in Seen ist geschichtet, zum Beispiel durch unterschiedliche Temperaturen oder Salzgehalte. Dass winzige Mikroorganismen dazu in der Lage sein könnten, diese Schichten zu durchmischen, hielt man bislang für eher unwahrscheinlich. Den Gegenbeweis treten nun Schweizer Forscher im Fachblatt "Geophysical Research Letters" an.

Sie beobachteten im Tessiner Cadagno-See, dass Bakterien durchaus Wasserschichten durchmischen – freilich indirekt, wie Tobias Sommer und Kollegen von der Forschungsanstalt Eawag berichten. Kommen lokal sehr viele Mikroorganismen vor, erhöhen sie die Dichte des Wassers und bringen es dazu, mitsamt den Kleinstlebewesen abzusinken.

Damit werden auch Schichten mit unterschiedlicher Temperatur und Konzentration im Wasser gelöster Stoffe durchmischt, man spricht dabei von Biokonvektion. Um diesen Vorgang in Gang zu halten, müssen die Organismen zudem aktiv nach oben schwimmen.

Auf- und Abwärts

Konkret zeigte sich, dass im Cadagno-See Bakterien der Art Chromatium okenii bis zu zwei Meter dicke Wasserschichten vollständig durchmischen können. Diese Mikroorganismen kommen hauptsächlich in Seetiefen vor, wo das Wasser keinen Sauerstoff mehr enthält – im Cadagno-See in rund zwölf Metern Tiefe.

Dort bilden die Bakterien eine dicke Schicht mit rund zehn Milliarden Individuen pro Kubikmeter, wie die Forscher feststellten. Die Mikroorganismen schwimmen aufwärts Richtung Licht, aber nur bis zur Grenze zum sauerstoffhaltigen Wasser. Dort sammeln sie sich, erhöhen die Dichte des dortigen Wassers – und bringen es zum absinken.

Die dadurch in Gang gebrachte Durchmischung führe dazu, dass mitten im Sommer Messgrößen wie Temperatur oder Salzgehalt in einer Seetiefe von elf bis 13 Metern einheitlich bleiben, statt wie erwartet weiter ab- oder zuzunehmen, so die Forscher.

"Nebst dem von uns untersuchten Bakterium gibt es noch viele andere Organismen, die Biokonvektion auslösen können", sagte Sommer. "Darum gehen wir davon aus, dass das bisher unterschätzte Phänomen weit verbreitet und für die Ökologie von Seen und Ozeanen eine Rolle spielt, zum Beispiel bei bestimmten Algenblüten." (APA, 5.10.2017)