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In den vergangenen Jahren waren bereits mehrfach menschliche Überreste aus den Kolonialbeständen der Charité restituiert worden, wie dieser Schädel aus Namibia.

Foto: Reuters/TOBIAS SCHWARZ

Berlin – Wie im vergangenen November bekannt wurde, lagern in den anthropologischen Sammlungen in Berlin mehr als 1.000 Schädel aus den früheren deutschen Kolonien. Experten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) wollen nun die Herkunft der menschlichen Überreste im Detail klären. Dazu sollen in einem zweijährigen Projekt unter anderem historische Aufzeichnungen von Sammlern und kolonialen Institutionen ausgewertet werden, wie die SPK am Donnerstag mitteilte.

Auch der Aufbau eines internationalen Wissenschafternetzwerks aus Tansania, Burundi und Ruanda ist geplant – auf dem Gebiet dieser Staaten lag die einstige Kolonie "Deutsch-Ostafrika". Die Schädel übernahm die SPK vor sechs Jahren von der Berliner Universitätsklinik Charité, in deren historischen anthropologischen Sammlungen sie sich befanden. Sie stammen aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg.

Rückgabe angedacht

Die genaue Herkunft der Gebeine ist aber ungeklärt, weil die ursprüngliche Dokumentation der Sammlungen größtenteils nicht mehr existiert. Das an dem zur SPK gehörenden Museum für Vor- und Frühgeschichte der Staatlichen Museen zu Berlin angesiedelte Forschungsprojekt soll versuchen, die Überreste doch noch zuzuordnen und eventuell an Vertreter der betroffenen Länder zurückzugeben.

"Erst wenn wichtige historische Fakten gemeinsam aufgearbeitet sind, können wir entscheiden, was mit den Schädeln geschehen muss", erklärte der ruandische Botschafter in Deutschland, Igor Cesar, bei der Projektvorstellung. Ähnlich äußerte sich dort auch SPK-Präsident Hermann Parzinger. Zunächst müsse die Herkunft geklärt werden, um dann "gemeinsam nach angemessenen Lösungen des Umgangs zu suchen".

Rassistische "Forschungen"

Die Schädel waren während der Zeit des Deutschen Kaiserreichs (1871 bis 1918) nach Deutschland gebracht worden und dienten dazu, rassistisches Gedankengut zu untermauern. Nach Angaben der SPK seien sie 2011 in "äußerst schlechtem Zustand" übergeben worden und mussten in langwieriger Arbeit zunächst gereinigt und konserviert werden.

An der nun geplanten Identifizierung sollen sich Forscher der verschiedensten Fachrichtungen beteiligen. Sie sollen unter anderem Aktenbestände der damaligen Gebeinsammler sowie militärischer und kirchlicher Institutionen auswerten. Darüber hinaus könnten auch anthropologische Untersuchungen an den Schädeln vorgenommen werden. (APA, 5.10.2017)