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Die Versprechen der For-Profit-Colleges klingen gut, binnen kurzer Zeit in maßgeschneiderten Kursen zum Diplom und damit topausgebildet für den Arbeitsmarkt. Dafür zahlen einige viel Geld.

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Tressie McMillan Cottom hatte die Nase gestrichen voll. Mehrere Jahre arbeitete sie an zwei gewinnorientierten Unis – in den USA heißen sie For-Profit-Colleges – und sah tagtäglich, dass diese Institutionen die Chancen für Studierende nicht maximieren, sondern das Gegenteil bewirken. McMillan Cottom sollte so viele Menschen wie möglich zum Studium bewegen, auch wenn das Geld offensichtlich nicht ausreichte. Interessenten musste sie dann unter anderem raten, sich Geld von der Familie oder von Freunden zu leihen.

Viele verschuldeten sich dermaßen, dass sie die gewünschte Weiterbildung gar nicht absolvieren konnten – der erhoffte berufliche Aufstieg blieb in den meisten Fällen auch aus. McMillan Cottom kündigte, begann Soziologie zu studieren und schrieb ihre Erfahrungen im Buch "Lower Ed" nieder. Auch weil sie befürchtet, dass in Trumps Amerika Bildung weiter kommerzialisiert und für viele Menschen unerschwinglich wird.

Topausgebildet zum Job?

Die Versprechen der dortigen Unis klingen zunächst gut, vor allem für Menschen in prekären oder mit gar keinen Jobs: binnen kurzer Zeit in maßgeschneiderten Kursen zum Diplom und damit topausgebildet für den Arbeitsmarkt. Dass diese Verheißungen aber nur sehr selten Wirklichkeit werden, zeigt auch die jahrelange Kritik an diesen Ausbildungsmodellen. Die Regierung unter Barack Obama erkannte die vielen Probleme und versuchte, falsche Versprechungen mit Regulierungen zu bekämpfen: Hochschulen, bei denen zu wenige Absolventen eine adäquate Beschäftigung finden, mussten mit Konsequenzen rechnen. Unter der "Truth in advertising"-Regelung wurde hingegen kontrolliert, was Studierenden alles in Aussicht gestellt wird.

Die For-Profit-Colleges bleiben dennoch beliebt: Etwa zwei Millionen Studierende gibt es heute, in den frühen 2000er-Jahren waren es noch 400.000. Die Studentenschaft ist überdurchschnittlich weiblich und schwarz und schließt die Ausbildung mit viel höheren Schulden ab als Studierende öffentlicher Unis – eine Vielzahl kann ihre Kredite überhaupt nicht zurückzahlen. Beinahe ironisch an der Situation: Für den Profit der Colleges sorgen die US-amerikanischen Steuerzahler, denn die Haupteinnahmequelle sind Studiengebühren, und diese sind bei mehr als 95 Prozent der Studierenden durch staatliche Kredite gedeckt.

Dass diese Unis gefragt bleiben, liegt vor allem daran, dass es in den USA keine Berufsausbildung wie etwa in Österreich gibt. Die auch als Career Colleges bekannten Unis springen hier ein und bieten eine Alternative zum klassischen Studium. "Früher waren Arbeitgeber für Weiterbildungen dieser Art zuständig, aber aus Kostengründen tun das nicht mehr viele", sagt McMillan Cottom. Das Wachstum des Sektors sei eine logische Konsequenz der Entwicklungen am US-Arbeitsmarkt: Einen großen Boom erlebte die Branche erstmals 2009 und 2010, als Millionen ihren Arbeitsplatz verloren und versuchten, durch Umschulung oder Weiterbildung ihre Chancen zu verbessern.

Situation in Österreich

Auch wenn Österreich von einem derartigen Boom weit entfernt ist – auch hier gebe es einige "fragwürdige Angebote" im Bereich der Weiterbildung, sagt Martina Gaisch, Hochschulforscherin an der Fachhochschule Oberösterreich. Diese Angebote versuchten,"aus Bildung Profit zu schlagen" – gleichzeitig sei häufig nicht klar, was tatsächlich gelehrt wird. Die Preise sind nicht aufgelistet und ausgewiesen.

Um seriöse von unseriösen Angeboten zu unterscheiden, sagt Gaisch, sei daher zunächst eine Internetrecherche unerlässlich: "Findet man Details?" Auch, sich im Bekanntenkreis umzuhören, sei sinnvoll – ein schlechtes Zeichen, wenn nie jemand von einem Bildungsanbieter gehört hat. Darüber hinaus könne man auch auf seinen eigenen Gesamteindruck vertrauen, sagt Antonio Loprieno. Loprieno ist Vorsitzender des Österreichischen Wissenschaftsrats, der sich Ende vergangenen Jahres in einem Bericht ausführlich mit dem heimischen Privatuniversitäten-Sektor beschäftigte. Er unterscheidet zwischen zwei Gruppen von Privathochschulen in Österreich: jenen, die das Angebot des öffentlichen Sektors ergänzen und sich regelmäßig akkreditieren lassen müssen – "und jenen, die aus Bildung Kapital schlagen wollen". Letztere seien häufig im EU-Ausland gegründet worden und mussten sich damit nie nationalen Prüfungen unterziehen. Ihre Qualität sei nicht immer transparent.

Als Beispiel nennt Loprieno die "MGEI Academy". Dahinter steckt der US-amerikanische Geschäftsmann John K. Eapen. Er hatte Ende 2016 angekündigt, in Kooperation mit der Bukovinian State Medical University in der Ukraine eine medizinische Ausbildung in Mürzzuschlag in der Steiermark anbieten zu wollen. Losgehen sollte es diesen Herbst – der Bürgermeister von Mürzzuschlag, Karl Rudischer, hat das Projekt im Juli allerdings für beendet erklärt. Offenbar habe Eapen "kein grünes Licht" von seinen amerikanischen Investitionspartnern erhalten, und man habe schließlich nicht mehr zuwarten wollen, heißt es in der Aussendung.

Überzogene Versprechungen

Dafür verantwortlich, dass solche For-Profit-Angebote Verbreitung finden, sei auch hierzulande die Bildungsexpansion, sagt Gaisch: Ein Abschluss soll den Job bringen, den sozialen Aufstieg ermöglichen. Durch Weiterbildungen versprechen sich viele, in einer sich stark wandelnden Arbeitswelt anschlussfähig zu bleiben.

Bestrebungen einer Qualitätssicherung gibt es bereits. Anhaltspunkte liefern etwa Zertifikate, sie heißen LQW, ISO oder EduQua. Standards festgelegt hat auch das 2011 im Auftrag des Bildungsministeriums gegründete Ö-Cert. Bei Ö-Cert können sich Weiterbildungseinrichtungen online bewerben – eine Akkreditierungsgruppe prüft und listet die Organisationen, die sie für qualitativ gut befindet.

Man achte dabei auch auf "inhaltliche Aspekte, die Bildung ja auch ausmachen", sagt Elke Gruber. Die Professorin für Bildungswissenschaft an der Karl-Franzens-Universität Graz entwickelte die Ö-Cert 2011 mit und ist seitdem ihre Vorsitzende. Zugegebenermaßen sei es nicht immer leicht, über Qualität zu entscheiden – gerade bei Programmen, die im Ausland akkreditiert wurden. Dennoch gebe es einige Anhaltspunkte, die vermuten lassen, ob es sich um ein seriöses Angebot handelt oder nicht. Zum Beispiel "muss jemand in verantwortlicher Position sein, der eine pädagogische Ausbildung hat". Ein weiteres Kriterium: Wer ist der Träger einer Einrichtung? Ist dieser seriös? "Was ebenfalls auf Qualität schließt, ist, dass es so etwas wie eine Beratung gibt", sagt Gruber.

Neben dubiosen akademischen Angeboten gab es in den letzten Jahren auch vermehrt Kurse "im esoterischen Bereich", beobachtet Gruber. "Das geht von Vorhersagetechniken über Numerologie bis hin zu Feuerlaufen. Es gibt nichts, was es nicht gibt."

Mehr Sensibilität

Um nicht viel Geld an fragwürdige Angebote zu verlieren, solle man sich außerdem folgende Fragen stellen: "Wie sieht der Lehrplan aus? Was sind die Lehrformate und wer die Vortragenden? Und: Was kostet das Ganze? Gibt es Nebenkosten, und was sind die Stornobedingungen?", sagt Gruber. Ein Grund, skeptisch zu sein, seien auch überzogene Versprechungen, wie sie etwa die US-amerikanischen For-Profit-Colleges oft in Aussicht stellen.

In den USA ist vor allem unter Präsident Donald Trump unwahrscheinlich, dass wegen öffentlicher Kritik, Regulierungen und Untersuchungen durch den Senat For-Profit-Colleges künftig mit weniger Studierenden rechnen müssen. Im Kabinett der umstrittenen Bildungsministerin Betsy DeVos sitzt ein ehemaliger Anwalt der Bridgepoint Education Inc. – ein Eigentümer vieler For-Profit-Colleges. Ein anderer Mitarbeiter musste seinen Posten mittlerweile wieder verlassen – er war Lobbyist für diese Colleges. Seine eigene, gefloppte Trump-University falle übrigens nicht in die Kategorie der For-Profit-Colleges, sagt McMillan Cottom, sondern sei noch eine Stufe zynischer: Dort habe man nicht einmal so getan, als wolle man eine Bildungsstätte sein. Über Trumps Einstellung zu Bildung spreche dies Bände.

Bildung ist in Österreich noch nicht jenes Business, das es bereits in den Vereinigten Staaten ist. Die privaten Colleges agieren dort im großen Stil und sind auch oft an der Börse notiert. "Ich bin optimistisch, dass es hier gar nicht erst so weit kommt", sagt Loprieno. Deshalb hält er auch nichts von Regulierungen. Dennoch rät der Vorsitzende des Wissenschaftsrats, ebenso wie die anderen befragten Experten, den Studierwilligen zu Sensibilität. Es gelte, die Seriosität der Anbieter sorgfältig zu prüfen. (Lisa Breit, Lara Hagen, 24.11.2017)