Klagen will die ÖVP unter Sebastian Kurz sowohl die SPÖ als auch den PR-Berater Peter Puller selbst.

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Wien – Im Wahlkampf geht es jetzt Schlag auf Schlag. Die ÖVP kündigte im Dirty-Campaigning-Skandal am Freitag an, den Rechtsweg zu beschreiten. "Das Maß ist voll, wir klagen", sagte Generalsekretärin Elisabeth Köstinger in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz. Sie bestritt dabei sämtliche Vorwürfe, die ÖVP habe den PR-Berater Peter Puller selbst anzuwerben versucht.

Von Puller erwähnte SMS, mit denen er seine Vorwürfe belegen will, seien nicht bekannt, so Köstinger. Klagen will die ÖVP sowohl die SPÖ als auch Puller selbst. Den Sozialdemokraten wirft Köstinger Verhetzung und Verstoß gegen das Verbotsgesetz aufgrund teils antisemitischer Facebook-Seiten im Wahlkampf vor. Berater Puller soll wegen Kreditschädigung und übler Nachrede auf Unterlassung und Widerruf geklagt werden. "Wir werden den Klagsweg beschreiten", kündigte Köstinger an.

Die ÖVP will die SPÖ klagen. Die Roten kontern und wenden sich an die Staatsanwaltschaft.

Kritik auch von Kurz

Auch ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz übte am Freitag via Facebook Kritik an der SPÖ. Diese habe mit dem Engagement des Beraters Tal Silberstein einen schmutzigen Stil nach Österreich gebracht. "Genau das, wovor wir immer gewarnt haben, ist eingetreten", meinte Kurz im Gespräch mit dem Sprecher seiner Bewegung Peter L. Eppinger. Kurz sprach von einer ganz neuen Dimension. "Es gibt einfach Menschen, die skrupellos sind. Tal Silberstein ist sicherlich einer der besten und teuersten, die man weltweit anmieten kann. Die SPÖ hat sich entschieden, Tal Silberstein anzuwerben und auf Dirty Campaigning zu setzen." Dieses Ausmaß habe er aber nicht erwartet.

In einem Facebook-Livevideo kommentierte Sebastian Kurz aktuelle Entwicklungen in der Wahlkampfaffäre.

SPÖ reagiert mit Anzeige

Die SPÖ reagierte prompt mit einer ebenfalls kurzzeitig einberufenen Pressekonferenz, in der der neue Bundesgeschäftsführer Christoph Matznetter ankündigte, dass die SPÖ eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft gegen den Sprecher von Sebastian Kurz, Gerald Fleischmann, einbringen will.

Nebenbei forderte die SPÖ den Rücktritt von Sebastian Kurz als Außenminister.

Es werde eine Strafanzeige eingebracht wegen Verstoßes gegen die Paragrafen 309 und 123 des Strafgesetzbuchs. Dabei handle es sich um den Versuch der Bestechung beziehungsweise den Verdacht auf Auskundschaftung von Betriebsgeheimnissen, erklärte Matznetter. Er ging auch auf die Pressekonferenz von ÖVP-Generalsekretärin Köstinger ein, die dabei auf Nachfrage verneint hatte, dass es die von Puller erwähnten SMS gebe. Matznetter wies darauf hin, dass mehrere Medien diese SMS bereits hätten. Dem STANDARD liegt die SMS-Korrespondenz zwischen Puller und Kurz' Pressesprecher ebenfalls vor.

"Können gleich über Honorar für PR reden": Ein Faksimile der SMS-Korrespondenz zwischen Silberstein-Kompagnon Peter Puller und Gerald Fleischmann, dem Pressesprecher von ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Fleischmann bestätigt die Echtheit dieser Korrespondenz gegenüber dem STANDARD.

Matznetter hofft auf ein schnelles Reagieren der Korruptionsstaatsanwaltschaft, bei der die Sachverhaltsdarstellung am Freitagvormittag eingebracht wurde. Fleischmann soll möglichst bald einvernommen werden, es bestehe aus roter Sicht auch Verdunkelungsgefahr.

Auch zivilrechtliche Schritte will die SPÖ prüfen. Einmal mehr betonte Matznetter, dass Puller nicht bei der SPÖ beschäftigt gewesen sei: "Das hat nichts mit der SPÖ zu tun, das ist ein internes Problem der ÖVP und nichts anderes."

Ex-SPÖ-Berater Peter Puller will per SMS belegen, dass ihm der Sprecher von Sebastian Kurz 100.000 Euro für Spitzel-Dienste geboten habe. Die ÖVP kontert mit Klagen gegen Puller, die SPÖ bringt eine Sachverhaltsdarstellung gegen den Kurz-Sprecher ein, berichtete die "ZiB" um 13 Uhr.
ORF

Pullers Vorwürfe gegenüber ÖVP

Am Donnerstag hatte sich Puller erstmals zu der Aktion zu Wort gemeldet. Puller, der die Facebook-Seiten im Auftrag von SPÖ-Berater Tal Silberstein organisiert hatte, erklärte gegenüber "Presse" und "Falter", dass die ÖVP ihm 100.000 Euro angeboten haben soll, falls er Details der Kampagne verrät. In der ÖVP weist man diese Darstellung vehement zurück.

Die Honorare für die Arbeit an den Facebook-Seiten hat laut Puller Silbersteins Firma GCS International überwiesen. Entsprechende Kontoauszüge kann der Silberstein-Mitarbeiter vorlegen, heißt es im "Presse"-Bericht. Die Honorare wurden auch nach dem 14. August, nach Silbersteins vorübergehender Verhaftung in Israel und dem Rauswurf bei der SPÖ, von Silberstein weiterbezahlt. Die Facebook-Werbung für die teils rassistischen und antisemitischen Seiten gegen Kurz wurde mit Silbersteins Kreditkarte bezahlt, sagte Puller dem "Falter". Zum Umstand, dass ein hochrangiges inzwischen suspendiertes SPÖ-Kampagnenmitglied bis Anfang September an dem Projekt weiter- und mitgearbeitet haben soll, wollte sich Puller nicht äußern.

Außerdem gab der PR-Experte bekannt, dass die ÖVP versucht habe, ihn zu überreden, die Seiten zu wechseln und als "Spitzel" für die ÖVP tätig zu werden. Puller hatte vor Jahren bereits für die ÖVP und danach auch für die Neos gearbeitet, wo während des Wien-Wahlkampfs 2015 seine Zusammenarbeit mit Silberstein begann. "Ich bin auf das Angebot nicht eingegangen, kann das aber für andere nicht ausschließen", wird Puller in der "Presse" zitiert.

Opposition befürchtet Image-Schaden

Die Oppositionsparteien sind ob der Ereignisse um das Image des Landes besorgt. Für FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl geben sowohl SPÖ als auch ÖVP in der Dirty Campaigning-Affäre "ein Bild des Jammers im In- und im Ausland ab, das an Peinlichkeit nicht mehr zu überbieten ist". Grünen-Klubchef Albert Steinhauser wertet die Wahlkampagne als Katastrophe und Desaster für die politische Kultur in Österreich. (APA, red, 6.10.2017)