Nach einer knappen Woche unterm Burkaverbot ist es für eine Bilanz zu früh. Doch es gibt erste Hinweise, wie sich das neue Antigesichtsverhüllungs-gesetz auswirkt: Es beschert der Polizei, die schon bisher nicht über Arbeitsmangel zu klagen hatte, eine Reihe von Zusatzaufgaben. Diese aber haben vielfach nichts mit der Gesichtsverhüllung muslimischer Frauen zu tun, um derentwillen man die Regelung eingeführt hat – wie das zumindest behauptet wurde.

Da hatten wir etwa jene drei Straßenmusikanten, die seit Jahren in der Wiener City mit Ziehharmonika, Gitarre und Eselmasken vorm Gesicht aufspielen. Polizisten kontrollierten sie, angeblich, um sie zu belehren: Die Masken seien nur während des Musizierens erlaubt, nicht davor und danach. Und nun beginnen die herbstlich sinkenden Temperaturen das Verhältnis zwischen Exekutive, Radfahrern und Fußgängern zu verschlechtern. Denn ein Schal vor dem Mund ist – offenbar – erst erlaubt, wenn es unter null Grad hat, zu kalt ist es vielen aber schon vorher.

Es scheint, als betrachte der Gesetzgeber die Exekutive als Kleiderpolizei zur allgemeinen Schal- und Maskenabwehr. Sowie als Troubleshooter, wenn es angesichts echter Nikab- oder Burkaträgerinnen zu Handgreiflichkeiten kommt wie Mittwochabend in der Wiener U-Bahn. Das nämlich sind die wirklichen Risiken dieses missratenen Gesetzes: dass Konflikte und Amtshandlungen eskalieren. (Irene Brickner, 6.10.2017)