2008 noch "unglaubwürdig", kurz darauf Pflicht: Facebook-Auftritte von Spitzenpolitikern

Foto: Faksimilie/Facebook

Der Bundeskanzler und SPÖ-Spitzenkandidat auf Facebook? Das wäre "einfach unglaubwürdig", heißt es aus der SPÖ-Parteizentrale. Das Zitat fällt freilich nicht 2017, sondern 2008, und die Parteien wagen erste Gehversuche im sogenannten "Mitmach-Netz". Die SPÖ bejubelt 37.000 Klicks für ein Youtube-Video von Werner Faymann, der damalige ÖVP- Chef Wilhelm Molterer punktet mit 127 Followern auf Twitter. 2013, einen Nationalratswahlkampf später, sind schon professionellere Strukturen entstanden. Vor allem die FPÖ und Parteiobmann Heinz-Christian Strache haben die Wichtigkeit von sozialen Medien rasch erkannt.

Strache führt 2013 vor Twitter

So hält Strache 2013 bei mehr Facebook-Fans als Twitter in Österreich Nutzer hat – dort führt der burgenländische Abgeordnete Michel Reimon (Grüne), heute EU-Abgeordneter. Parteienberater Rudi Fußi vergleicht damals bei einer Podiumsdiskussion Twitter mit dem Café Central, Facebook sei der Gemeindebau. "Dirty" wird schon damals kampagnisiert. Ein hochrangiger Wahlkampfmitarbeiter der ÖVP muss sich dafür entschuldigen, homophobe Äußerungen in Richtung der Grünen getwittert zu haben.

Ins Rampenlicht des Wahlkampfs gerückt wurde Facebook international erstmals 2008, als der damalige US-Präsidentschaftskandidat Barack Obama Millionen Anhänger begeistern konnte. Damals wurden soziale Medien in den USA als positives Mittel gesehen, um den Wahlkampf zum Wähler zu bringen. In Europa waren es hingegen rechtsextreme bis neonazistische Bewegungen, die sich in sozialen Medien vernetzten. So war die NPD in Deutschland bis zum Aufstieg der AfD die Partei mit den meisten Facebook-Fans, obwohl sie nicht im Bundestag vertreten war.

Fake-News

Extreme Rechte traten in den USA im Präsidentschaftswahlkampf 2016 in Erscheinung, als sie in großem Stil Falschmeldungen verbreiteten. Das soll von russischen Geheimdiensten unterstützt worden sein, behaupten die US-Geheimdienste. Facebook leugnete das Problem Fake-News zuerst, setzte nach großem Druck aber 2017 erste Maßnahmen. So sollen etwa unabhängige Faktenchecker rasch Verbreitung findende Meldungen überprüfen. In Österreich zwangen Gerüchte in den sozialen Medien den damaligen Präsidentschaftskandidaten Alexander Van der Bellen, seine Gesundheitsakte offenzulegen.

Im aktuellen Wahlkampf spielt Facebook eine so große Rolle wie nie zuvor. Seit Tagen wird diskutiert, inwiefern die SPÖ-Spitze in den Betrieb zweier Facebook-Seiten involviert ist, auf denen schmutzig kampagnisiert wurde. Hier zeigt sich ein weiteres Problem, das Facebook nur zögerlich angeht: Verstöße gegen die Impressumspflicht. Wie die Medienjournalistin Ingrid Brodnig am Wochenende in ihrem Blog ausführte, müssen Facebook-Seiten laut Mediengesetz Angaben zu ihrem Inhaber machen. Das passiert aber kaum. Facebook selbst verfolgt derartige Verstöße nur selten. Die SPÖ will das soziale Netzwerk nun mit Anzeigen zwingen, die Daten weiterzugeben. (Fabian Schmid, 10.10.2017)