Unglaublich deppert ist vielleicht der richtige Ausdruck. So kommt man sich nämlich vor, wenn man den Model X am Sonntag in der Früh am Grazer Stadtrand an den Supercharger steckt und dann ein Taxi rufen muss, das einen zum nächsten Kaffeehaus bringt, wo man ein sonntagstaugliches Frühstück einnehmen kann.

Der Model X ist Teslas SUV.
Foto: Guido Gluschitsch

Aber Moment, nicht dass Sie meinen, dass Tesla diesen Fall nicht angedacht hätte. Im Navi findet sich der Zugangscode, mit dem man die Tür zur Tesla-Filiale öffnen kann, und drinnen gäbert es Kaffee und sicher auch was zu naschen – aber standesgemäß ist das natürlich nicht, wenn man wochenends mit der Gattin unterwegs ist. Also kommt die Gratisladung am Supercharger auf 38 Euro Taxikosten und fast noch einmal so viel fürs edle Frühstück.

Die Ladebuchse des Tesla versteckt sich in der Heckleuchte.
Foto: Guido Gluschitsch

Obwohl, wenn man schon einmal Tesla fährt – unser Test-Tesla, ein Model X 100D, kostet laut Liste 129.290 Euro -, kommt es auf die paar Münzen auch nicht mehr drauf an. Dafür bekommt man im Tesla aber auch jede Menge Luxus geboten. Leder und Holz finden wir im Cockpit, das dominiert wird von einem Riesenbildschirm, der voller gar nicht so schöner Fingertapper ist. Dazu gibt es innovative Türen hinten, an die man sich erst gewöhnen muss, wenn man sich den Kopf nicht alle nasenlang anhauen will, ein Auto, das sich selbst abschließt, das die Türen nicht weiter aufmacht, als es geht, und das eine Beschleunigung hat, als würde Energie einfach endlos zur Verfügung stehen.

Das Cockpit des Tesla mit dem großen verschmierten Display.
Foto: Guido Gluschitsch

Aber wehe, es kommt eine Kurve. Da wird einem im Tesla Angst und Bang. Denn auch wenn der Model X eine Insel der Innovationen auf Rädern ist, so kann er eines ganz schlecht: gescheit fahren. Die Lenkung eines Computerspiels gibt mehr Feedback, das Fahrwerk scheitert kläglich an den rund 2,4 Tonnen Gewicht des Tesla.

Das Platzangebot im Tesla ist mehr als großzügig.
Foto: Guido Gluschitsch

Die riesige Windschutzscheibe, die sich fast bis über die zweite Sitzreihe zieht, lässt nicht nur viel Licht ins Auto – auch so eine komische Mode, die man nicht nachvollziehen können muss -, sondern macht den Model X zum Glashaus, was schon bei wenig Sonne für Dauerwirbel aus den Lüftungsdüsen sorgt. Womit wir schon beim unglaublichsten Thema des Tesla sind: Er ist viel zu laut. Das Reifenabrollgeräusch dringt fast ungefiltert in den Fahrgastraum, dazu gibt es Windgeräusche von draußen und Geknarze von innen, dass die fette Anlage, die natürlich lieber Spotify statt Radio spielt, zum Dauerläufer wird.

Das innovative Türsystem von Tesla.
Foto: Guido Gluschitsch

Das sind Probleme, über die kann der e-Golf nur lachen. Er fährt sich präzise, hat ein feines Fahrwerk, und der Innenraum ist zwar bei weitem nicht mit so feinen Materialien und schon gar nicht mit einem riesigen Tatschschirm versehen, aber dafür ist er so sauber verbaut, dass nix quietscht, nix knarzt. Er ist halt ein ganz normaler Golf, nur eben mit einem anderen Motor.

Der e-Golf ist ein Golf und man erkennt den E-Antrieb von außen an den dezenten blauen Akzenten.
Foto: Guido Gluschitsch

Andererseits: Übers Wochenende von Wien nach Graz fahren, in ein Hotel ohne Lademöglichkeit, das würde man mit dem Golf nicht. Er schaffte in unserem Test – mit vielen Autobahnetappen, die E-Autos gar nicht mögen – eine Reichweite von 250 Kilometer, der Model X spult bei gleicher Fahrweise 200 Kilometer mehr ab.

Normales Auto, normale Türen.
Foto: Guido Gluschitsch

Dafür kostet der e-Golf nur 42.879 Euro – was immer noch viel zu viel Geld ist für die Abstriche, die man im Vergleich zu einem konventionellen Auto um das Geld machen muss. Aber im Golf kann man wenigstens seinen Anzug aufhängen. Im Tesla gibt es keine Kleiderhaken, aber Getränkehalter für eine zweiwöchige Wüstenrunde mit allen sechs Insassen.

Auch innen erkennt man die Unterscheide zu einem Verbrenner-Golf nur im Detail.
Foto: Guido Gluschitsch

Brauchen Sie ein Auto, um jeden Tag in die Arbeit zu fahren, dann empfehlen wir Ihnen den e-Golf. Wollen Sie aber um jeden Preis beeindrucken, dann fahren Sie Tesla. (Guido Gluschitsch, 30.10.2017)

Der Tesla ist groß, beschleunigt enorm – den Autopiloten hat man uns vor dem Test aber abgeschaltet. Der e-Golf ist weniger aufgeregt, aber dafür ein echtes Auto, halt mit anderem Antrieb.
Foto: Guido Gluschitsch