Aufzugfahren ist zumindest in manchem Hollywood-Film ein gefährliches Unterfangen. In Wahrheit leben die Monteure gefährlicher als die Nutzer.

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Ein Aufzug im Burj Khalifa, dem mit 828 Metern derzeit höchsten Gebäude der Welt, legt 124 Stockwerke in einer Minute zurück. Mit dem Jeddah Tower will man in Saudi-Arabien noch höher in die Luft wachsen: 1007 Meter soll der Koloss nach seiner Fertigstellung messen.

Die Wolkenkratzer der Superlative sind nicht nur für Architekten und Bautechniker eine Herausforderung, sondern auch für Aufzugsfirmen. Im Burj Khalifa in Dubai gibt es keinen einzigen Aufzug, der vom Keller bis ins oberste Stockwerk fahren kann: "Irgendwann hätten die Tragseile ein so großes Gewicht, dass sie unter ihrer Last reißen würden", erklärt Martin Hauser, Marketing- und Business-Development-Director bei Otis-Aufzüge. Das Unternehmen ist für die Lifte im Burj Khalifa zuständig und betreut in Österreich 26.000 Aufzüge.

Besucherströme berechnen

In extrem hohen Wolkenkratzern wie eben dem Burj Khalifa gebe es Fahrstühle für bestimmte Bereiche – etwa einen Aufzug zur Lobby, von wo dann andere Aufzüge bis hinauf zur Aussichtsplattform fahren. Aufgabe von Aufzugsunternehmen sei auch, Besucherströme in der Planungsphase exakt zu berechnen, damit diese Nutzung später reibungslos funktioniere, erklärt Hauser und ist überzeugt: "Das Umsteigen ist dann für die Nutzer nicht das große Thema."

Vor kurzem erst hat die Konkurrenz einen möglichen Aufzug der Zukunft vorgestellt: Das deutsche Unternehmen Thyssenkrupp hat ein seilloses und seitwärts fahrendes Fahrstuhlsystem entwickelt. Ein Testturm in Rottweil wird dieses Wochenende eröffnet. Mit dem neuen Aufzugssystem sollen mehrere Kabinen unabhängig voneinander im Liftschacht zirkulieren. In puncto Höhe wird es bei Aufzügen kein Limit mehr geben, verspricht der Konzern. Auch architektonisch würden sich so neue Möglichkeiten bieten.

Schon in konventionellen Gebäuden tritt bei manchen Menschen aber ein mulmiges Gefühl beim Betreten des Fahrstuhls auf. Das dürfte zum Teil Hollywood geschuldet sein, wo Aufzüge ihre Passagiere nur selten dahin bringen, wo sie hinwollen. Spektakulär inszenierte Abstürze aus Film und Fernsehen entlocken Experten aber nur ein müdes Lächeln: "Deckenstürze gibt es in Europa nicht", versichert Hauser. Dafür sorge eine Fangvorrichtung.

Im Lift steckenbleiben

Auch dass jemand statt in die sichere Liftkabine in den tiefen Liftschacht steigt und abstürzt, sei "unmöglich". Aus diesem Grund dürften in Österreich Aufzüge nur dann in Betrieb sein, wenn das Licht in der Kabine funktioniert.

Wahrscheinlicher ist es aber, im Aufzug steckenzubleiben. Der Grund dafür liege meist im elektrischen Sicherheitskreis, seltener in einer tatsächlich kaputten Maschine, erklärt Bernhard Brank, Field Engineer und Trainer bei Otis. Wer feststeckt, kann mittels Notrufknopfs mit der Zentrale in Kontakt treten. Durch das Betätigen des Knopfs werden laut Brank auch gleich Informationen zum Aufzug mitgeschickt, während ein Angestellter die im Lift Feststeckenden beruhigt. Per Gesetz muss die Notbefreiung innerhalb von 30 Minuten eingeleitet werden.

Um das zu gewährleisten, haben im ganzen Land Monteure rund um die Uhr Bereitschaft. Sie sind für Wartung und Installation von Aufzügen zuständig und leben weitaus gefährlicher als die Nutzer der Lifte. In einem Trainingszentrum von Otis werden die Unfälle von Monteuren weltweit auf einer Informationstafel gesammelt. "Die schockierenden Fälle sind immer auf menschliches Versagen zurückzuführen", sagt Hauser – etwa, wenn vor Arbeiten der Lift nicht richtig außer Betrieb genommen wird.

Aussterbende Paternoster

Für Liftnutzer wiederum würde eine Unfallgefahr am ehesten in einer "Stufenbildung" bei älteren Aufzugsmodellen liegen, meint Brank – also dem Entstehen einer kleinen Stufe zwischen Wartebereich und Liftkabine. Aufzüge ohne Innentüren darf es in Österreich seit 2013 nicht mehr geben. Früher sei es bei diesen Modellen aber immer wieder zu tödlichen Unfällen gekommen.

Auch Paternosteraufzüge sind in den letzten Jahren aus der Mode gekommen. Bei Otis sieht man diese jedoch als effektivstes Transportmittel. "Der Paternoster ist kein unsicherer Aufzug", betont Hauser. "Aber er bedarf einer höheren Selbstverantwortung." Das gestiegene Komfortbedürfnis der Nutzer führe aber immer öfter zum Umstieg auf einen modernen Lift. Derzeit hat Otis österreichweit daher nur noch zehn Paternoster im Portfolio. (13.10.2017)