Die große Koalition wurde am Sonntag nicht abgewählt. Die SPÖ konnte ihr Ergebnis mehr oder weniger halten, die ÖVP sogar deutlich zulegen. Zusammen kommen die beiden somit auf einen deutlich größeren Stimmenanteil als bei der Wahl 2013. Also einen neuerlichen Versuch für eine Koalition der Langzeitpartner starten?

Nein. Das kann nicht der Schluss sein, den man aus diesem Wahlergebnis zieht. Und vor allem kann es nicht der Schluss sein, den man aus der Wahlkonfrontation der vergangenen Wochen zieht. Christian Kern kann nicht mit Sebastian Kurz, und Sebastian Kurz kann nicht mit Christian Kern. Daran haben beide keine Zweifel gelassen. Die gegenseitige Antipathie sitzt so tief, dass eine vernünftige Zusammenarbeit in den kommenden fünf Jahren nicht möglich ist. Und selbst wenn die Sozialdemokraten entgegen bisherigen Beteuerungen den Parteichef doch noch tauschen sollten, spricht das nicht für Schwarz-Rot.

Es verhält sich wie in einer langjährigen Beziehung: Wenn der Respekt längst in Hass und Misstrauen umgeschlagen ist und man lieber eine weitere Beschädigung des Verhältnisses in Kauf nimmt als dem anderen einen Erfolg zu gönnen, dann wird es Zeit für eine Auszeit. SPÖ und ÖVP sind an diesem Punkt angelangt. Sie sollten eine Zeitlang getrennte Wege gehen. Eine Liebesbeziehung wird danach zwar auch nicht möglich sein, aber vielleicht zumindest eine solide Zweckgemeinschaft. (Günther Oswald, 15.10.2017)