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Immer mehr Babys kommen mittels Kaiserschnitt auf die Welt. Das hat nicht nur "soziale" Gründe.

dpa

Wien – In den meisten Ländern hat sich die Anzahl der Kaiserschnitte in den letzten Jahrzehnten vervielfacht. In Brasilien werden mittlerweile sogar mehr als die Hälfte der Babys mit der sogenannten Sectio caesarea geboren. Viele Experten halten das in erster Linie für ein "soziales" Phänomen, denn die Rate tatsächlicher Geburtsprobleme – der Kopf des Kindes passt nicht durch den Geburtskanal – ist sehr viel geringer.

Philipp Mitteröcker vom Department für Theoretische Biologie der Uni Wien, der bereits im Vorjahr über das Thema publizierte, hat sich noch einmal die Frage gestellt, warum die Evolution nicht zu einem größeren Geburtskanal und damit zu sichereren Geburten geführt hat. Im Fachblatt "PNAS" stellt er nun die Antwort in Form eines neuen mathematischen Modells vor.

Vor- und Nachteile eines schmalen Beckens

Die Rate an diesen Geburtsproblemen wurde durch natürliche Selektion deshalb nicht verringert, weil für Frauen ein schmales Becken von Vorteil ist: einerseits für die Fortbewegung, andererseits, weil es bei sehr breiten Becken bei der Geburt zum Gebärmuttervorfall und anderen Problemen kommen kann. Aufgrund dieses ungewöhnlichen Selektionsprozesses wurde die Rate an Geburtsproblemen durch natürliche Selektion nicht verringert.

Erblichkeit des Kaiserschnitts

Zudem konnten Mitteröcker und sein Team durch ihr Modell zeigen, dass regelmäßige Anwendungen von lebensrettenden Kaiserschnitten in den letzten gut 50 Jahren eine evolutionäre Veränderung anatomischer Dimensionen bewirkt hat: Frauen, die selbst wegen eines Schädel-Becken-Missverhältnisses durch Kaiserschnitt auf die Welt kamen, entwickeln mehr als doppelt so häufig ein Missverhältnis bei der Geburt ihrer Kinder als Frauen, die natürlich geboren wurden. (red, 17.10.2017)