Die Linzer Architektenband spielt auch auf ihrem Album "Home" minimalistischen, melancholischen Pop. Am Donnerstag wird "Home" im Wiener Venster 99 live vorgestellt.

Foto: Magdalena Hofer

Wien – Über Musik zu reden ist bekanntlich wie über Architektur zu tanzen. Allerdings stammt das Zitat von Frank Zappa, der in die Musikgeschichte unter anderem deswegen einging, da in den 1970er-Jahren in Studenten-WGs neben Che Guevara auch gern das Poster auf dem Häusl klebte, das Frank Zappa ebenda mit heruntergelassenen Hosen hockend zeigt.

Postman aus Linz sind vier ehemalige Architekturstudenten, die jetzt Häuser planen, die innen vorzugsweise hohl sind. Der Raum, der sich je nach Lesart über seine Begrenzung oder die Abwesenheit von ihr definiert, ist laut Mies van der Rohe ebenso wichtig wie das Gebäude selbst. Man könnte sogar davon sprechen, dass dort, wo keine Wand steht, ein Haus erst bewohnbar wird. Auf keinen Fall aber sollte es reinregnen.

Einfache Mittel

Laut einem anderen berühmten Zitat van der Rohes beginnt Architektur da, wo jemand wohlüberlegt zwei Ziegelsteine miteinander in Beziehung setzt. Die vier Musiker gehen in ihrer musikalischen Kunst von ähnlich einfachen und knappen Mitteln aus.

CUT SURFACE

In der Nachfolge ihres Debüts There von 2016 geht es nun auch auf dem beim Wiener Label Cut Surface erscheinenden Home um die Erkundung des Raums. Klangarchitektur wird von Eva Teissl, Dominik Leitner, Michael Schmid and Clemens Stöttinger als Architekten, die zumindest laut gültigem Klischee privat das Karge und Schlichte und kleine Schwarze lieben, als Umgang mit bewusst knapp gehaltenen Ressourcen gedeutet. Mit weitgehend ohne Effekte gespielter, sehr gern abgedämpfter und durchgeschlagene Akkorde verweigernder elektrischer Gitarre, knackigem Bass, pluckernder und tuckernder Drumbox und quäkender Billigorgel, die hörbar aus dem letzten Loch pfeift, entsteht so eine Art ruhiger, melancholischer, minimalistischer Kammermusikpop.

Dazu referiert die männliche Gesangsstimme, leicht japsend oder mit vollem Herzen den richtigen Ton zwar nicht unbedingt meidend, allerdings auch nicht dessen Nähe suchend, Lyrics mit doppeltem Boden. Einfache Worte, die sich allerdings von theoretischen Texten zur Kunst und Architektur beeinflusst zeigen. In den Liedern wird etwa in Marble das Verhältnis von echtem zu Stuckmarmor verhandelt und auf einen Text Gertrude Steins verwiesen. Rem Koolhaas stand bei Pool2 Pate, bei Tokyo2 Roland Barthes, bei Hotels Douglas Coupland.

Apropos Marmor. Postman sehnen sich als heimatbewusste Linzer eher nach Gussbeton als nach Marmor und nennen sich ironisch auch Young Concrete Giants. Sie verweisen damit direkt auf ihre musikalischen Vorbilder, die legendären britischen Young Marble Giants mit ihrem epochalen Album Colossal Youth von 1980. (Christian Schachinger, 17.10.2017)