Die Polizei geht verstärkt gegen Menschen vor, die unter Drogeneinfluss Autofahren.

Foto: APA/Gindl, Grafik: DER STANDARD, Quelle: BMI

Wien – Exakt 1.504 Personen wurden in den ersten neun Monaten heuer bereits angezeigt, weil sie trotz Drogenkonsums am Steuer saßen. Das sind schon jetzt mehr als im gesamten Jahr 2016, als 1.491 Menschen erwischt wurden (siehe Grafik). Und auch diese Zahl war wesentlich höher als jene aus dem Jahr davor (2015: 1.068 Anzeigen). Der Trend lässt sich seit Jahren beobachten. Während die Anzeigen wegen Alkoholdelikten sinken – 2007 waren es noch rund 44.500, 2016 etwa 30.300 – steigen die Anzeigen gegen Drogenlenker.

Grund dafür sind in erster Linie die verstärkten Polizeikontrollen. Seit März dieses Jahres ist die Polizei zudem in einem Pilotprojekt des Innenministeriums (BMI) mit Drogenvortestgeräten unterwegs. Neun Stück gibt es insgesamt österreichweit. Ob diese fix eingeführt werden, steht noch nicht fest. Der Probebetrieb sei "durchwachsen", sagte ein BMI-Sprecher dem STANDARD. Denn in Wien, wo ausreichend Amtsärzte verfügbar sind, würden die Vortester kaum einen Mehrwert darstellen. Sinnvoller scheinen sie aus jetziger Sicht auf dem Land zu sein, wo es Engpässe bei den Amtsärzten gibt.

Grenzwerte für Fahrtauglichkeit?

Rechtlich ist es nämlich so, dass ein Amtsarzt feststellen muss, ob durch den Drogenkonsum eine Beeinträchtigung beim Autofahren besteht oder nicht. Ohne Bluttest kann der Erwischte nicht belangt werden. Der Drogenvortest kann den Beamten nur dabei helfen, zu entscheiden, ob sie einen Amtsarzt holen sollen. Er weist innerhalb von zehn Minuten Drogen im Speichel nach, gibt aber keine Auskunft über die Mengen.

Das Verkehrsministerium denkt aktuell über die Einführung von Grenzwerten – wie sie bei Alkohol bestehen – nach. Man sei im Gespräch, ob und bei welchen illegalen Substanzen dies sinnvoll wäre, heißt es dort.

In Deutschland gibt es einen solchen Grenzwert für Cannabis. Als beeinträchtigt gilt ein Kfz-Lenker, wenn er mehr als ein Nanogramm des Wirkstoffes THC pro Milliliter im Blut hat. Experten kritisieren diesen Grenzwert allerdings als willkürlich, er würde nichts über die tatsächliche Fahruntauglichkeit aussagen.

Studien "ethisch schwierig"

Auch Steve Müller, von der Drogenberatungsstelle Checkit Wien unterscheidet zwischen Konsum und Bewusstseinsbeeinträchtigung. Grenzwerte einzuführen wäre ihm zufolge im Moment gar nicht möglich, denn Forschungsergebnisse gibt es aus ethischen Gründen kaum, da die Probanden die Drogen konsumieren müssten.

Die Drogenvortestgeräte, die in Österreich ausprobiert werden, sind grundsätzlich etwa in der Lage, zwischen zeitnahem oder länger zurückliegendem Konsum zu unterscheiden. Sie verwenden verschiedene Werte, bei deren Unterschreiten Tests nicht positiv ausfallen, erklärt man seitens der Herstellerfirma Protzek.

Hohe Dunkelziffer

Wie groß das Problem Drogen am Steuer tatsächlich ist, lässt sich allerdings schwer beurteilen. Das Kuratorium für Verkehrssicherheit etwa geht davon aus, dass rund vier Prozent der Lenker im europäischen Straßenverkehr unter Drogeneinfluss stehen. Die Dunkelziffer könne jedoch weit höher liegen. Die Anzahl der Konsumenten illegaler Substanzen ist in Österreich jedenfalls seit Jahren stabil, sagt Müller von Checkit.

Zur Prävention brauche es glaubwürdige Kampagnen. Viele Initiativen würden nur negative Wirkungen zeigen. "Junge Menschen können aber sehen, dass nicht jeder, der Drogen nimmt, sofort kriminell wird." Man müsse an etwas anknüpfen, das spürbar ist, wie an die verlangsamte Reaktionszeit, meint Müller. "Es gilt das Risikobewusstsein zu stärken." Bei Alkoholkonsum habe das zuletzt gut funktioniert. (Anastasia Hammerschmied, Christa Minkin, 18.10.2017)