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Matteo Renzi überraschte mit seinem Vorstoß den Notenbank- und den Staatspräsidenten.

Foto: Reuters/TONY GENTILE

Der Misstrauensantrag gegen Ignazio Visco, der formal keiner war, kam in Form einer Motion des von Ex-Premier Matteo Renzi geführten Partito Democratico: In dem Vorstoß wird die Regierung aufgefordert, an der Spitze der Banca d'Italia, der Zentralbank, eine Person zu installieren, die "geeignet ist, neues Vertrauen in das Institut zu garantieren".

Außerdem solle die Exekutive dafür sorgen, dass die Kontrollfunktion der Zentralbank über das Bankensystem wieder gestärkt werde. Die Motion ist am Dienstag von der Abgeordnetenkammer, in welcher der PD über die absolute Mehrheit verfügt, gutgeheißen worden. Die Amtszeit von Visco, einem engen Vertrauten des Chefs der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, läuft am 31. Oktober ab; bisher ging man von einer Wiederbestätigung aus.

Zwei überraschte Präsidenten

Mit seinem Vorstoß hat Renzi nicht nur Notenbankpräsident Visco überrascht, sondern auch die Regierung von Parteifreund Paolo Gentiloni und Staatspräsident Sergio Mattarella. Renzi wurde von Mattarella daran erinnert, dass die Ernennung des Notenbankchefs in die ausschließliche Kompetenz der Exekutive und des Staatspräsidenten falle; parteipolitische Interventionen seien bei dieser wichtigen Personalie aus gutem Grund nicht vorgesehen.

Der Mailänder Ökonom Francesco Giavazzi betonte im Corriere della Sera, dass ein Wechsel an der Spitze der Zentralbank "zum schlechtestmöglichen Zeitpunkt" käme, weil damit "ein Zeichen der Instabilität" ausgesendet würde. Der Fraktionschef der Berlusconi-Partei Forza Italia, Renato Brunetta, nannte das Vorpreschen des PD schlicht "unverantwortlich".

Schwieriger Sanierungsprozess

Tatsächlich befindet sich Italiens Bankensystem immer noch mitten im schwierigsten Sanierungsprozess seiner Geschichte. Im Lauf der langen Wirtschaftskrise hatten sich in den Bilanzen der italienischen Banken faule Kredit in der Höhe von gut 300 Milliarden Euro angesammelt, die nun mit Abschreibungen und unpopulären Kapitalerhöhungen abgetragen werden müssen.

Zehn Banken mussten abgewickelt oder vom Staat und einem Bankenfonds gerettet werden – eine Übung, welche die italienischen Steuerzahler rund 30 Milliarden Euro gekostet hat. Zeitweise musste gar ein Crash des italienischen Bankensystems befürchtet werden, der die gesamte Eurozone mit in den Abgrund hätte reißen können. Ganz gebannt ist diese Gefahr noch nicht. Das Vorstürmen des PD-Chefs, der wieder an die Regierungsspitze möchte, riecht, wie Kritiker meinen, stark nach Wahlkampfmanöver. (Dominik Straub aus Rom, 19.10.2017)