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Für neue "Asterix"-Abenteuer verantwortlich: Autor Jean-Yves Ferri (li.) und Illustrator Didier Conrad.

Foto: REUTERS/Philippe Wojazer

"Allgemeine Helmpflicht" steht kleingedruckt auf dem Pergamentplakat, das für das Pferdewagenrennen durch Italien Teilnehmer sucht. Wir sind schließlich in der Antike, und der Kenner folgert mit Recht: Bald werden die Römerhelme auch im 37. Asterix-Band fliegen. Schuld ist der korrupte Senator Lactus Bifidus, der sich gegen den Vorwurf eines politischen Gegners wehren muss, er unterhalte das Straßennetz nur ungenügend; zur Ablenkung erfindet er aus dem Stand ein Rennen über ebendiese Römerstraßen. Im fernen Gallien, das sich gerade im alljährlichen Markt für Celtisches Brauchtum und Innovative Technik (Cebit) versammelt hat, bringt das einen weiteren Helmträger auf eine Idee. Obelix will ab sofort nicht mehr Hinkelsteine, sondern Rennwagen transportieren und schimpft zu Asterix, der darob nur den Kopf schüttelt, Nase an Nase: "Und wenn ich mich beruflich verändern will?"

So starten denn Gallier und Römer, Goten und Piraten zu dem Ben-Hur-gleichen Rennen. Da ist ein britischer Madmax und eine afrikanische Etepetete, ein Bleifus und ein Schlendrian, ein dicker Gallier und ein athletischer Römer mit einer goldenen Gesichtsmaske, deren Grinsen von einem zeitgenössischen Anonymous stammen könnte.

Zeitgenössischen Bezüge

Auch sonst fehlt es natürlich nicht an zeitgenössischen Bezügen zum Profisport, sei das in Sachen Korruption (verkörpert durch "Bonus") oder Doping ("Garum Lupus, die Würzsoße der Barbaren"). Beim Stichwort Cebit hätte man bei Urvater Goscinny zweifellos eine Anspielung auf die Technologie der Elektrowagen erwartet; dafür werden Rennfahrer frühmorgens vom betäubenden "Chicchirichiiiiii" eines Etappenwirts geweckt, der nicht nur leicht an Pavarotti erinnert.

Damit wären wir mitten in diesem antiken Giro d'Italia. Wie vom nationalen Fremdenverkehrsamt geleitet, geht es zuerst nach Venedig und Parma, wo der verblüffte Obelix erstmals einen Schinken in Scheiben sieht. In Florenz hinterfragt Asterix seinerseits das Lächeln der Mona Lisa; dann findet er sich in der Villa der Senatsgattin Mozzarella, die das Gallierduo voller Bedauern fragt: "Wollt ihr wirklich nicht zur Orgie bleiben?"

Doch Obelix hat soeben das – hier nicht verratene – Geheimnis des maskierten Römers gelüftet und muss weiter nach Pompeji, wo er en passant einen Vesuv-Ausbruch verhindert, und dann im rasenden Finish über die Ziellinie. Wer das Rennen gewonnen hat, muss gar nicht erst verraten werden; Caesar zeigt sich immerhin als guter Verlierer, worauf ihn Asterix vor seiner Rückreise nach Gallien ebenso großherzig fragt: "Können wir dich unterwegs absetzen, Julius?"

Weniger überfrachtet

Mit ihrem dritten Album seit 2013 legen der Texter Jean-Yves Ferri und der Zeichner Didier Conrad ein grundsolides drittes Album vor. Man spürt es, langsam lösen sie sich vom schweren Schatten ihrer Überväter René Goscinny (1977 verstorben) und Albert Uderzo (90), auch wenn dieser trotz chronischer Krankheiten weiterhin ein waches Auge auf die Produktion hat. Die Italien-Geschichte wirkt viel weniger gesucht, auch weniger überfrachtet als die beiden ersten Bände des Duos, "Asterix bei den Pikten" und "Der Papyrus des Caesar".

Conrad hat die lebhafte Linienführung Uderzos verinnerlicht und bringt dazu großflächige, oft halbseitige Actionszenen ein – sein neues Markenzeichen. Ferris Aufgabe ist schwieriger: Er muss den Ausgleich zwischen dem deftigen Klamauk und dem subtilen Wortwitz Goscinnys finden. Die Running Gags, die schon den Asterix-Pionieren heilig waren, wirken bisweilen bemüht; Kernthemen wie die Römermaske bleiben unaufgelöst. Der Humor wirkt manchmal zu schematisch und standardisiert. Das ist allerdings nicht Ferris Fehler; es gründet in seinem ehrenwerten Versuch, im Rahmen des Vorbilds zu bleiben und ihm treu nachzuleben. Eher könnte es sein, dass Asterix nach 37 Bänden langsam das Maß erreicht hat.

Das neuste Album erscheint in einer Auflage von fünf Millionen, davon entfallen zwei Millionen auf die französische, 1,7 auf die deutsche Ausgabe. Verständlich, dass der Asterix-Verlag Albert René, seit bald zehn Jahren im Besitz des Pariser Hachette-Konzerns, nicht ans Aufhören denken will. Wie in dem Italien-Rennen sollen die Sesterzen noch lange rollen. (Stefan Brändle, 19.10.2017)