Listengründer Peter Pilz am Donnerstag bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Mit der Regierungsbildung habe er nichts zu tun, ihm es gehe um Kontrolle und einen "Gegenpol" zu Schwarz-Blau.

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Frei nach dem Buch Hiob – der Herr hat's gegeben, und der Herr hat's genommen – hat Peter Pilz nun also in bester alttestamentarischer Tradition die Grünen spüren lassen, welche Konsequenzen zu erwarten sind, wenn man sich erdreistet, den primus inter pares wie jeden beliebigen Mandatar zu behandeln und einer demokratischen Wahl auszusetzen.

Fast wäre die Rechnung allerdings nicht aufgegangen, und der Herr selbst wäre um sein Mandat umgefallen, nur die Absicherung auf der Bundesliste beschert uns einen Pilz im Parlament, als Landeslistenerster in seiner Heimat Steiermark hat er versagt. Erfolgreich die vier Prozent genommen hat die Liste Pilz nur in Wien und Niederösterreich, also den Wiener Einzugsgebieten.

Grüne Lehren

Wenn man den Wählerstromanalysen trauen darf, hat Pilz auch seine Ansage, Wähler von der FPÖ für sich zu gewinnen, nicht erfüllt. Auch in der Rekrutierung aus dem Lager der Nichtwähler ist er stark unter den von ihm selbst geweckten Erwartungen geblieben. Er mag es noch so oft vollmundig bestreiten – der Pilz'sche Erfolg geht zum Großteil auf Kosten der Grünen.

Pilz hat aus dem Linzer Parteitag der Grünen seine Lehren gezogen. Basisdemokratische Elemente wie transparente Vorgänge bei Listenerstellung und andere wesentliche Abläufe einer demokratischen Partei sind bei der Liste Pilz nicht vorgesehen und zu erwarten. Einen mühsamen Programmfindungsprozess tut man sich auch gleich gar nicht erst an. "Bei uns sind die Personen Programm", sagt er, alles andere sei sinnloses Altpapier.

Fehlende Programmatik

Was das nun nach dem gar nicht so sehr erfolgreichen Wahlergebnis heißen wird, ist unklar, immerhin kommen nur acht Mandatare der Liste Pilz in den Nationalrat, und damit verfallen weit über 90 Prozent des Nichtprogramms. Im Zuge des Wahlkampfes traten schon einige Unstimmigkeiten ob der fehlenden Programmatik zutage. Unklar war die Position zu einem Staatstrojaner, widersprüchlich auch die Reaktionen auf die Forderung von Innenminister Wolfgang Sobotka nach einem Inlandsgeheimdienst. Während Vertreter der Liste Pilz dem ablehnend gegenüberstanden, entsprach Sobotka durchaus einer Forderung Pilz' in seinem Buch "Heimat Österreich", das einem Parteiprogramm noch am nächsten kommt. Er will einen neuen Nachrichtendienst im Bundeskanzleramt schaffen – das hatten wir zuletzt im Austrofaschismus unter Dollfuß.

Einen weiteren Geschmack der schlingernden Bewegung – Partei will man ja nicht sein – gab Pilz anlässlich der Beschlussfassung im Plenum zur Unterhaltsgarantie. Einen Tag vor der letzten Nationalratssitzung der Legislaturperiode forderte er mit SPÖ-Frauenministerin Pamela Rendi-Wagner und seiner Kandidatin Maria Stern medienwirksam eine parlamentarische Umsetzung seiner Initiative zur staatlichen Unterhaltsgarantie. Tags darauf war Pilz weder bei Debatte noch Beschlussfassung zum Thema im Plenum anwesend, mit Ende der Show anlässlich seiner Pressekonferenz war auch sein Interesse am Thema erloschen. Und da Stern kein Mandat abbekommt, ist auch davon auszugehen, dass Missstände um den Unterhalt nicht mehr Pilz' Thema sein werden. Stern hat für ihn Stimmen eingesammelt, die Wahl ist geschlagen, sie wird nicht mehr gebraucht.

Parlamentarisches Geben und Nehmen

Um es mit seinen eigenen Worten zu sagen: Pilz hat sein erstes Wahlversprechen schon vor der Wahl gebrochen – und damit allen Mitbewerbern, insbesondere den Sozialdemokraten, vermittelt, wie unzuverlässig er ist und auch weiterhin sein wird, da es ja keinen Klubzwang geben wird. Somit kann sich die Liste Pilz im Parlament kein Entgegenkommen der anderen Fraktionen erwarten, da sie ja im parlamentarischen Geben und Nehmen nichts zu bieten hat. Es wäre also ohne weiteres möglich, dass Pilz auf eines seiner Steckenpferde verzichten muss: Um einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, braucht es zumindest die Zustimmung eines Viertels der 183 Abgeordneten. Ohne Gegenleistung wird er diese nicht bekommen, und er geht somit seiner wichtigsten Bühne verlustig. Acht Einzelkämpfer im Parlament können nichts erreichen.

Langfristig behindert er sich selbst damit, keine Parteistrukturen schaffen zu wollen – und so wird ein Engagement in den Bundesländern nicht konkretisiert. Auf Dauer kann eine politische Partei nur mit einer breitflächig verwurzelten Organisationsstruktur bestehen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich bei der nächsten Nationalratswahl wählbare Alternativen zu ihm etablieren beziehungsweise erholen und wieder etablieren. Bei erneutem Antreten fehlt der Liste Pilz der Schein des Neuen und Revolutionären. Dieses Mal konnte Pilz sein Einkommens- und Pensionssicherungssmodell noch sichern, eine Wiederholung ist mehr als unwahrscheinlich. (Dietmar Mühlböck, 20.10.2017)