Bild nicht mehr verfügbar.

Jean-Paul Gut: zum Abgang ein Millionen-Trostpflaster.

Foto: Reuters

Sein Name taucht in den Verträgen über milliardenschwere Flugzeugverkäufe selten auf. Und doch wären sie ohne ihn kaum zustande gekommen: Jean-Paul Gut galt bei Airbus als der "Dealmaker", der Geschäftemacher. 2007 leitete er noch den Verkauf von 80 Flugzeugen des neuen Typs A350 durch Qatar Airways in die Wege – Kostenpunkt 16 Milliarden Dollar. Ein paar Monate später verließ er den Flugzeughersteller. Die Abfindung wurde mit 2,8 Millionen Euro angegeben – ein hübsches Geleit für eine verdiente Rente.

Heute präsentiert sich die Geschichte unter einem etwas anderem Licht. Das französische Newsportal Mediapart und der Spiegel berichten mit Verweis auf Informanten, Gut habe für seinen Abgang die Summe von "rund 80 Millionen Euro" erhalten.

Enders unterzeichnete mit

Unterzeichnet wurde der goldene Fallschirm vor zehn Jahren durch die damaligen Kopräsidenten des Airbus-Vorgängers EADS, den Franzosen Louis Gallois und den Deutschen Tom Enders. Letzterer gerät als heutiger Airbus-Chef unter Beschuss. Das ist insofern ungerecht, als Enders selber darauf gedrungen hatte, sich von Gut und dessen erfolgreichen, aber diskreten und wenig transparenten Praktiken zu trennen.

Seine Sonderabteilung für Marketing und Verkauf wurde 2016 von Enders aufgelöst. Vielleicht auch deshalb, weil Frankreich als Standortland des Airbus-Sitzes in Toulouse ein neues Antikorruptionsgesetz erließ. Es sieht Bußen von bis zu 30 Prozent des Firmenumsatzes vor. Bei Airbus (67 Milliarden Euro Umsatz) wäre das eine Summe von 20 Milliarden.

Konnex zu Gegengeschäften

Die Causa Gut wirft ein grelles Schlaglicht auf den ganzen Strauß laufender Airbus-Affären. In verschiedenen Ländern von Österreich über Frankreich bis nach England laufen Ermittlungen wegen angeblicher Schmiergeldzahlungen. Laut Spiegel geriet Enders in Widersprüche rund um eine mögliche Schmiergeldfirma, die mit dem Kampfjetverkauf an die Republik Österreich zu tun hatte. Er habe "gar nichts" mit einer dubiosen Firma in London zu tun gehabt, die für Gegengeschäfte mit Österreich zu tun hatte, beteuerte Enders.

Die Firma hatte den offiziellen Auftrag, nach Geschäften für die österreichische Wirtschaft zu suchen – oder aber Schmiergeld an österreichische Entscheidungsträger weiterzuleiten, wie die Staatsanwaltschaft München vermutet. Aus einem Gesprächsprotokoll geht laut Spiegel hervor, dass Enders persönlich im Jahr 2013 gegenüber internen Ermittlern eingestanden habe, dass er sich 2004 dafür interessiert habe, wie der Konzern die Zusage einhalten könne, Österreichs Wirtschaft anzukurbeln. Das habe für Enders hohe Priorität gehabt.

Airbus zeigte sich an

Die Londoner Firma habe der Airbus-Chef nicht nur gekannt, sondern er habe sich im Vorfeld der Gründung persönlich dafür eingesetzt, dass die französische Vertriebsmannschaft beim Aufbau des Konstrukts behilflich sein sollte. Dieses Team steht aktuell im Fokus der Airbus-Korruptionsaffäre, weil mit seiner Hilfe Aufträge für Jets in aller Welt gekauft worden sein sollen.

In London zeigte sich Airbus selber an. Enders wollte den Fall damit vermutlich in Europa halten und eine US-Behördenklage aufgrund der berüchtigten Foreign Corrupt Practices Act vermeiden. Für die Zuständigkeit der US-Justiz genügt ein Geschäftsabschluss in Dollar. Neben einer Buße wegen unerlaubter Dollar-Geschäfte wäre der Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen in den USA wohl die Folge.

Ob Airbus dieses Katastrophenszenario noch abwenden kann, muss sich weisen: Laut der Zeitung Le Monde verfügen die US-Behörden bereits über Dokumente, die unsaubere Airbus-Geschäfte namentlich mit arabischen Golfstaaten belegen sollen.

Vor einer Woche erklärte der Deutsche, er klebe keineswegs an seinem Job. Wenn er "nicht mehr Teil der Lösung" sei, dann werde er die Konsequenzen ziehen. (Stefan Brändle aus Paris, 21.10.2017)