Air Berlin will 4.000 Mitarbeiter in der Auffanggesellschaft unterbringen.

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Berlin/Schwechat/Frankfurt – In den Verhandlungen über eine Auffanggesellschaft für Tausende Mitarbeiter der insolventen Air Berlin drückt die Fluggesellschaft aufs Tempo. "Wir brauchen Anfang nächster Woche eine Entscheidung", sagte der Generalbevollmächtigte Frank Kebekus der "Rheinischen Post".

Seinen Schätzungen zufolge könnten in der Auffanggesellschaft bis zu 4.000 Mitarbeiter Platz finden. Kebekus forderte die Unterstützung der Politik ein.

"Air Berlin selber kann die Transfergesellschaft nicht alleine finanzieren, also brauchen wir Hilfe von den betroffenen Ländern und vielleicht auch vom Bund. Es geht darum, dass die öffentliche Hand den Beitrag bezahlt, den wir nicht leisten können", sagte Kebekus. Für Montag ist ein Treffen von Vertretern des Bundes sowie der Air-Berlin-Länder Berlin, Nordrhein-Westfalen und Bayern in der Hauptstadt geplant.

Gefahr von 4.000 Kündigungen

Falls eine Einigung auf eine Transfergesellschaft misslinge, müsse das Unternehmen Ende Oktober oder Anfang November Mitarbeiter entlassen. "Wir würden dann zirka 4.000 Kündigungen aussprechen", sagte Kebekus. Davon ausgenommen seien zunächst etwa 1.700 Menschen, die bei den Tochterfirmen Niki und LG Walter arbeiten und mit den Firmen zur Lufthansa-Billiglinie Eurowings wechseln sollen.

Kebekus räumte ein, dass einige Piloten im Falle eines Wechsels von Air Berlin zur Lufthansa-Tochter Eurowings deutliche Gehaltseinbußen hinnehmen müssten. "Ja, für manche Kapitäne aus früheren LTU-Zeiten sind die Einschnitte schon groß – aber bestimmte Gehälter sind eben nicht mehr marktgerecht", sagte er und betonte: "Aber insgesamt sind das faire Angebote."

Kredit des Bundes

Der Generalbevollmächtigte betonte erneut, das Unternehmen werde den Kredit des Bundes über 150 Millionen Euro "mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit inklusive Verzinsung von rund zehn Prozent" zurückzahlen. Kebekus lobte, der Bund mache damit ein gutes Geschäft. Großbritannien habe 70 Millionen Euro gezahlt, um Passagiere der pleitegegangenen Fluglinie Monarch aus dem Urlaub zurückzuholen. "Unser Staat macht dagegen einen Zinsgewinn mit dem Kredit an uns."

Die scharfe Kritik an der Millionen-Absicherung für Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann wies Kebekus deutlich zurück. "Diese Diskussion ist an Heuchelei nicht zu überbieten und in höchstem Maße unseriös", sagte er. Die 4,5 Millionen Euro würden die Insolvenzmasse nicht belasten und weder Kunden noch Mitarbeitern entgehen, weil sie "alleine vom früheren Hauptgesellschafter Etihad über eine Bankbürgschaft finanziert" wurden. "Diese scheinheilige Diskussion könnte zu der fatalen Konsequenz führen, dass fähige Manager bei solchen Sanierungsfällen nicht mehr einsteigen."

Air-Berlin-Chef zu teilweisem Gehaltsverzicht aufgefordert

Der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, hat Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann aufgefordert, teilweise auf sein bis 2021 garantiertes Millionengehalt zu verzichten. "Es ist verständlich, dass Arbeitnehmer, die durch eine Unternehmenspleite ihren Arbeitsplatz verlieren, empört sind, wenn sie hören, dass Manager vertraglich so abgesichert sind, dass sie Millionen erhalten."

Das sagte Fuest dem "Handelsblatt" vom Samstag. "Meines Erachtens wäre es anständig, dass Manager in diesen Fällen freiwillig zumindest auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten", sagte der Ifo-Chef. "Millionen zu kassieren während die eigenen Mitarbeiter arbeitslos werden, ist sicherlich kein vorbildhaftes Verhalten." Von der Insolvenz von Air Berlin sind mehrere tausend Mitarbeiter betroffen.

Winkelmann war im Februar vom Lufthansa-Konzern nach Berlin gekommen. Für ihn wurde laut Geschäftsbericht von Air Berlin vereinbart, dass er auch im Falle einer ordentlichen Kündigung sein Grundgehalt von 950.000 Euro im Jahr bis Anfang 2021 bekommt. Für das erste Jahr wurde zudem ein Mindestbonus von 400.000 Euro festgesetzt. Die Zahlungsverpflichtungen wurden durch eine Bankgarantie von bis zu 4,5 Millionen Euro abgesichert.

Deutsche Politiker von Union, SPD und Grünen warfen Winkelmann bereits unethisches Verhalten vor. Der neue SPD-Fraktionsgeschäftsführer Carsten Schneider sprach von einer "erschreckenden Raffke-Mentalität". (APA, 21.10.2017)